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Französische
Gothik.
in beiden Kathedralen besteht das Triforium noch, wie in
den Kirchen der vorhergehenden Generation, aus einer fort-
laufenden Reihe gleicher und einfacher Spitzbögen. In
Amiens dagegen sind die Oberlichter viertheilig und reicher
geschmückt, ist das Triforium über jedem Scheidbogen aus
zwei dreitheiligen Arcaden mit einem Dreipass im Bogen-
felde gebildet.
In gleicher Weise ist bei allen anderen Details der
Fortschritt bemerkbar. In der Prolilirung kommt die Aus-
höhlung und die birnförmige Zuspitzung schon vor, aber
doch noch so , dass das Runde und Kräftige vorherrscht.
Die Ornamentation ist schon frei und eigenthümlich, die
plastische Ausführung mit grossem Geschick behandelt,
das Laubwerk zeigt Naturnachahmung, aber die Reminis-
cenz des korinthischen Kapitäls und der Gebrauch rauten-
förmiger und diamantartiger Verzierungen und manches
andere deutet noch auf den nahen Ursprung aus dem ro-
manischen Style, oder sogar auf erneuerte Studien der
Antike hin. Der Fuss der Säulen und Halbsäulen hat
noch immer das Vorbild der attischen Basis nicht ganz
verlassen, sie wird häufig, namentlich in Amiens, in einer
der Weiteren Consequenz des gothischen Styles nicht zu-
sagenden Weise mit Perlenreihen in der Hohlkehle ver-
ziert; das Eckblatt wird noch gewöhnlich angewendet.
In Betreff der Pfeilerbildung sind diese Meister einig,
Weder die einfache Säule, Welche sich zu sehr von der
Wölbung trennt, noch den früher üblichen gegliederten
Pfeiler viereckigen Kerns anzuwenden, Sondern die Säule
beizubehaltan, aber, wie es schon in Soissons versucht
war, zu verstärken. Sie fanden es angemessen, diese
Verstärkung nicht wie dort auf eine einzelne angelegte
Säule zu beschränken, sondern durch vier, nach den Haupt-
richtungen angefügte Stützen auszuführen. Dem Meister