Yved
in
Braine.
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Welche ihm nur in sehr künstlicher Weise gewährt wer-
den konnte, wenn die angränzende Abtheilung des Seiten-
schiffes viereckig war, sich dagegen sehr leicht herstellte,
wenn sie die I-lälfte eines Quadrates, also ein rechtwinke-
liges Dreieck bildete, welches den Diameter und Eingangs-
bogen der Kapelle zur Hypothenuse und Grundlinie hatte.
Die Rundung der Kapelle war dann nur ein um ein glei-
ches Dreieck geschlagener Halbkreis, beide Abtheilungen
zusammen bildeten ein nur durch diese herumgezeichnete
Bogenlinie erweitertes Quadrat von derselben Grösse, wie
die anderen Quadrate der Seitenschiffe. Der Eingangsbogen
War eine gewöhnliche Diagonalrippe, in deren Schlussstein
die andere, von der inneren Säule ausgehende Diagonale
mit den von der Kapellenwand aufsteigenden Rippen zu-
samrnenstiess. Offenbar hat diese Ueberwölbung die grös-
seste Aehnlichkeit mit der in Soissons angewendeten, und
man kann, besonders da auch die Details dieser Kirche,
ungeachtet ihrer etwas roheren Ausführung, denen der
Kathedrale von Soissons gleichen, wohl annehmen, dass
derselbe Meister an beiden Kirchen gearbeitet hat.
Es ist sehr merkwürdig, dass diese sinnreiche, solide
und einfache Anordnung in Frankreich auch nicht ein ein-
ziges Mal Nachahmung gefunden hat d); wie es scheint,
hielt die französische Geistlichkeit einen Umgang um den
Chor für ein so dringendes Erforderniss des kirchlichen
Anstandes, dass sie nicht davon abgehen wollte. Dagegen
wurde die Anordnung von Soissons bald vorherrschend
und bleibend das Vorbild der späteren Choranlagen. Jetzt
nämlich, im zweiten Decennium des Jahrhunderts, hatten
die Erfahrungen, welche die bisherigen Bauten gewährten,
1') Ueber das Verhältniss der Liebfrauenkirehe in Trier zu St.
Yved und über ähnliche Choranlagen in Deutschland wird weiter unten
gesprochen werden. Die westlichen Abtheilungen des Langhauses von
St. Yved sind jetzt abgebrochen.