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Die
zweite
Generation
goth.
Kathedralen.
zeigt, ist die Kathedrale von Soissons. Nachrichtlich
wissen wir, dass ein Neubau im Jahre 1175 begonnen
wurde, und eine Inschrift im Chore meldet, dass dieser im
Jahre 1212 so weit vollendet war, dass der Dienst darin
beginnen konnte k), der Augenschein ergiebt aber , dass
der südliche Kreuzarm, eine Nachahmung der Kreuzconchen
der Kathedrale von Noyon, der älteste 'l'heil, mithin bald
nach 1175, spätestens im letzten Decennium des zwölften
Jahrhunderts ausgeführt ist, dass dagegen die ganze übrige
Kirche mit dem ebenerwähnten Chore sehr genau überein-
stimmt und daher bald nach 1212 erbaut sein muss. Die
Gallerie, Welche in jener Kreuzconcha
mit einem (larüber hinlaufenden kleinen
noch pleonastisch
Triforium beibe-
halten war, ist in den späteren Theilen überall fortgeblie-
hen, dagegen sind die Seitensehilfe höher und das 'l'rif0-
rium schlanker gehalten, so dass das Gewölbe dieselbe Höhe
erreicht, wie dort. Die Ueberwölbung des Mittelschiffes ist
in schmalen Feldern ausgeführt, die Säulen haben zwar
noch das hohe Knospenkapitäl und die Basis mit dem
Eckblatte wie in der Kathedrale von Laon, aber sie sind
schlanker gehalten und durch eine im Mittelsehiffe vorge-
legte I-Ialbsäule verstärkt, von welcher fünf Gewölbdienste
aufsteigen. Das Triforium besteht noch aus fortlaufenden
Arcaden gleicher Höhe, deren Gesims mit den Gewölb-
diensten durch V erkröpfungen verbunden ist; die Fenster
sind Weit und hoch, das Oberschiff hat schon die volle
Leichtigkeit des gothischen Baues. Anfänge des Maass-
S) Anno milleno biscenteno duodeno hunc intrare chornm cepit
grex Canonicorum. Die Gallia Christiana, Vol. IX, col. 365, bemerkt
sogar, dass aus Urkunden von 1210 1212 hervorgehe, dass in die-
sen Jahren die ganze Kirche vollendet und durch Bischof Haimardus
ausgeschmückt sei. Wahrscheinlich enthalten diese Urkunden die Stif-
tung von Altären und würden sich daher auch aus der Vollendung des
Chores erklären lassen.