Erfindung
des
Maasswerks.
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einer Gruppe, bei der dann aber die leere Stelle zwischen
den beiden divergirenden inneren Schenkeln der Spitzbögen
unangenehm aufiiel. Eine ähnliche Lücke ergab sich bei
den Gallerien, deren Arcadenbögen mit dem Schildbogen
ihrer Gewölbe ein Bogenfeld bildeten, das leer und lastend
erschien und dessen Durchbrechung den Vortheil stärkerer
Beleuchtung des Mittelschiffes aus den Fenstern der Gal-
lerie gewährte. Hier kam man, wie es scheint, zuerst
darauf, diese Durchbrechung durch eine kreisförmige Oeff-
nung zu bewirken. Dies findet sich schon in Notre-Dame
von Paris, aber in der Art, dass über den drei Arcaden
jeder Abtheilung nur ein Kreis, also über der Spitze des
mittleren Bogens und ohne alle organische Verbindung,
angebracht ist. Wirksamer wurde eine solche Kreisöff-
nung, wenn sie bei der Zusammenstellung von nur zwei
Spitzbögen in der Lücke zwischen denselben stand; sie
gab dann eine annähernd vollständige Ausfüllung des Bo-
genfeldes unter dem Schildbogen. Auch hier liess man sie
anfangs ohne alle organische Verbindung mit den Spitz-
bögen i), kam aber doch bald darauf, sie denselben näher
zu rücken und die ganze Gruppe durch einen umschlies-
senden Bogen zu begränzen. Dies war der erste Anfang
zur Bildung des Maasswerkes, von dem unter anderen die
1227 geweihte Klosterkirche zu Longpont im) und die
wahrscheinlich gleichzeitige von St. Leu d'Esserent,
beide in der Picardie, Beispiele geben. Gleichzeitig begann
man aber schon an anderen Orten, statt zweier kleinerer
ein grösseres Fenster anzulegen, und dasselbe ähnlich jenen
zusammengerückten Durchbrechungen durch freistehende
1'] Beispiele dieser Anordnung sind nicht sehr häufig. Sie finden
sich im Kreuzschiffe des Münsters zu Strassburg und in 'den unten
zu erwiihnenden Kirchen zu Fäcamp und Louviers in der Normandie.
w) Gallia christiana IX, 473. Abbildungen in der Voyage dans
Pancienne France, Picardie.