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Der
frühgothische
französische
Styl.
schiffe zu geöffnet, zu deren Unterstützung an der Gränze
jeder Abtheilung förmliche Steinbalkexi angebracht sind, die
von zwei in die Mitte der Gallerie gestellten Säulen ge-
tragen werden Offenbar ein Versuch, um durch dieses
Band von Tonnengewvölben den Pfeilern des Mittelschiffes,
welche die Last der hohen Gewölbe tragen mussten, iln'en
Dienst zu erleichtern.
Während die erwähnten Kathedralen langsam ihrer
Vollendung näher rückten, musste man wohl auf manche
Mängel des dabei beobachteten Systems aufmerksam wer-
den, ohne ihnen jedoch sogleich abhelfenzu können. Eine
Quelle solcher llläxigel war die bisher noch immer beibe-
haltene Gallerie, da sie das Langhaus verdunkelte und die
niedrige Anlage der Seitenschiffe und die schwerfällige
Form der Säulen herbeiführte. Ein kirchliches Bedürfniss
zu ihrer Beibehaltung war nieht vorhanden, allein man be-
trachtete sie als eine Kräftigung des Mittelschiffcs und
überdies als eine Verankerung der Pfeiler, und glaubte sie
daher, obgleich die Kathedrale von Sens sich schon darüber
fortgesetzt hatte, bei grösseren Anlagen nicht entbehren zu
können. Endlich befreite man sich zwar von diesem Vor-
urtheile, indessen geschah auch dies nur sehr allmälig, und
wir finden Wenigstens an einigen Bauten einen eigenthiim-
liehen Versuch, die Vortheile der Gallerie ohne ihre Uebel-
st-ände beizubehalten. Man behielt nämlich die Gallerie-
Öffnungen als eine Verankerung der Pfeiler bei, ohne wirk-
liche Gallerien anzulegen. Dies geschah in der Normandie,
wo schon das Langhaus von St. Etienne in Caen bei roma-
nischer Lleberwölbung das Beispiel einer solchen Anord-
Ü Bemefkßnswßüh iSt auch, dass diese Gewölbe, ganz ähnlich
wie die der Gallerie von Notre-Dame, nach aussen zu aufsteigen und
so eine grössere Fensterwand erhalten, in welcher hier ungewöhnlicher
Weise je ein kreisförmiges Fenster angebracht ist. Siehe die kleine
Zeichnung bei Violet-le-Duc a. a. O. S. 196.