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Der
frühgothische
französische
Styl.
hend Das Stift
Aebte und Prälaten
war überaus reich und mächtig, seine
hatten die Ehrenrechfe der Prinzen von
königlichem Blute. Dem entspricht denn auch die Anlage
der Kirche, die zwar kein Kreuzschiff, aber in Westen
einen mächtigen Portalbau mit zwei Thürmen, in Osten
den Kapellenkranz, im Ganzen bedeutende Ausdehnung hat.
Das Langhaus enthält ausser der Vorhalle drei Weitge-
spannte, sechstheilige Gewölbe, deren Diagonalgurteil auf
reichgebildeten Pfeilern viereckigen Kernes ruhen, während
schwere Rundsäulen die dazwischen liegenden Arcaden
tragen. Diese Rundsäuleil mit der flachen attischen Basis,
dem Eckblatte und grossen Blattkapitälen, dann besonders
die hohe, über den Seitenschitfen rings umher sich erstre-
ckende Gallerie, endlich die Profile der Bögen und Ge-
wölbgurten gleichen völlig dem grossen Werke des Moritz
von Sülly. Allein dennoch hat das ganze Gebäude im
Gcgensatze gegen N. D. von Paris einen überaus leichten
und luftigen Charakter. Schon in N. D. von Laon hatten
wir uns über den kühnen Gebrauch freistehender hoher
Monolithenstämme zu verwundern, aber diese Kühnheit ist
hier Weit überboten. Dies zeigt sich besonders in der
Vorhalle unter dem Thurmbau. Die Gallerie nämlich ist
bis an die Mauer der Facade auf beiden Seiten fortgeführt
und durch einen schmalen, an derselben entlanglaufenden
Gang verbunden. Sie hätte an dieser Stelle, wo kein
Oberschiff zu stützen war und ihre Ueberwölbung erst in
der Höhe des Mittelscbiffes erfolgen konnte, ganz ohne
g) Millin, Antiquites nationales, V01. II, nro. XlX, hat dieser
Kirche einen langen Artikel gewidmet, aus dem aber, wie aus allen
Arbeiten dieses Schriftstellers, nicht viel Nutzen für das eigentlich
[Kunstgeschichtliche zu ziehen ist. Eine Abbildung der Faeade bei
ihm und bei Chapuy moyen age monum. nro. 51. Eine vollständige
Publication dieser Kirche, die ich bei den französischen Archäologen
selten erwähnt finde, gehört zu den wissenschaftlichen Desideraten.