Die
Kathedralen
V01]
Paris
und
Laon.
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die Schwierigkeiten seiner Aufgabe in befriedigender Weise
zu beseitigen. Die dichtgestellten Säulen, deren geringe
Ilöhe durch das Blissverhältniss der darauf ruhenden Ge-
wölbdicnste noch auffallender wird, dasgedrückte Verhält-
niss der SeitenschiÜe, die Gleichheit der beiden ersten
Stockwerke, die leere WVand über der Gallerie und endlich
die trotz aller Vorkehrungen nicht völlig überwältigte Dunkel-
heit geben dem Innern den Charakter des Finstern und
Schwerfälligen. Bei Weitem leichter erscheint es in der
Kathedrale von Laon, obgleich die ebenfalls schweren Säulen
nicht minder dicht gestellt, die Gewölbstiitzen noch kräfti-
ger sind, das Verhältniss der Höhe zur Breite des Mittel-
schiffes sogar viel geringer ist. Allein die Gallerie ist
niedriger, der Raum zwischen ihr und den Fenstern durch
ein kleines Triforium belebt, die Stockwerke erheben sich
daher in abnehmendem Verhältnisse übereinander, und end-
lich erscheinen die freistehenden Gewölbstützelm, Weil sie
durch fünf Ringe getheilt und mit den Säulen der Gallcrie
in Uebereinstimmung gebracht sind, leichter und Weniger
gegen die Säulenstämme contrastirend. Es ist gewisser-
maassen eine Verschmelzung der Gedanken, Welche in Paris,
mit denen, welche in der hier benachbarten Kathedrale von
Noyon angewendet waren. Statt der wechselnden Pfeiler
und Säulen von Noyon ist hier wie in Paris die regel-
mässige Folge gleicher, kräftiger Säulenstämme gewählt,
die constructive Strenge also ebenso betont, zugleich aber
diese Strenge durch dieselben Mittel der Belebung und der
Brechung der Massen gemildert, welche schon in Noyon
mit günstigem Erfolge angewendet waren. Sehr viel gün-
stiger erscheint an der Kathedrale von Paris das Aeussere;
die ernsten und unverzierten aber mächtigen Strebepfeiler
und Bögen, die flach gedeckten, über einander aufsteigen-
den Stockwerke der Seitenschiffe und Gallerien, die durch-