Quedlinburg.
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Pfeiler mid Säulen geschieden, aber diese nicht, wie spä-
terhin, durch Bögen, sondern durch gerades Gebälk ver-
bunden, welches den Tonnen gewölben , mit denen die
Hallen gedeckt sind, als Kämpferlinie dient. Die Pfeiler
sind roh, aber mit ganz wohlgebildeter attischer Basis ver-
sehen, und an einem kleineren Pfeiler findet sich ein ioni-
sches Volutenkapitäl, zwar ohne Eierstab, aber auch ohne
fremdartigen Zusatz i). Dieses merkwürdige Monument
hat also noch drei antike Formen beibehalten, die unmittel-
bar darauf verschwinden und der deutschen Architektur des
Mittelalters fremd bleiben. Wir erkennen daraus recht an-
schaulich den Ursprung der höheren Architektur in dieser
Gegend. Es sind nicht byzantinische Formen, nicht ein-
mal in dem Maasse wie bei den Bauten Karlis des Gros-
sen, sondern rein römische, und diese in solcher Weise
behandelt, dass sie nicht nach vorliegenden antiken Mustern,
nicht nach genauer, auf eigener Anschauung beruhender
Kenntniss, wie noch in Corvey, sondern nach dunkeln
Erinnerungen oder höchstens nach rohen Zeichnungen ge-
arbeitet zu sein scheinen.
Die Schlosskirche zu Quedlinburg wurde schon un-
ter Heinrich I. (etwa 937) gegründet, jedoch am Ende
desselben Jahrhunderts (997) eine Erweiterung begonnen,
welche erst spät, im Jahre 1021, zur Einweihung führte.
Im Jahr 1070 wurde sie durch einen Brand in Asche ge-
legt, und findet sich demnächst eine Weihe im Jahre
1129 M); wie viel indessen von dem älteren Bau bei je-
1') Vgl. Kugler und Ranke, a. a. O. S. 97 und Taf. VI. In der
Vorhalle der Kirche zu Gandersheim, dem ältesten erhaltenen, Theile
dieser, bekanntlich von dem sächsischen Kaiserhause so sehr begün-
stigten Stiftung. findet sich ebenfalls ein ionisehes Kapitäl mit Voluten
und Polstern.
Vgl. Kugler und Ranke a. a. O. S. 16 bis 19 und Taf. V.
1 4. 7.