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Romanischer
Styl
in
Sachsen.
dass die Zeitgenossen Sachsen als ein Paradies von Si-
cherheit und üppiger Blüthe preisen konnten ab].
Von dieser Blüthe giebt auch die Baukunst Zeugniss.
Wir finden hier an mehreren Stellen (lichtgedrängte Grup-
pen uralter Gebäude, in denen die Grundgedanken des ro-
manischen Styles mit Bestimmtheit, aber noch in primitiven
Formen ausgesprochen sind. Sie gehören alle der frühe-
sten Form romanischer Kirchen an, indem sie ohne Wöl-
bung, Wenigstens des Mittelschiffes, sind, aber durch
rhythmische Abtheilung des Grundrisses, durch die wech-
selnde Folge von Pfeilern und Säulen und durch die Um-
gestaltung einzelner Theile sich von den altchristlichen Ba-
siliken unterscheiden. Wir dürfen freilich, Wenige verein-
zelte Ueberreste abgerechnet, es nicht als erwiesen anneh-
men, dass diese Kirchen schon aus der Zeit der Ottonen,
aus dem zehnten Jahrhundert herstammen; aber sie zeigen
doch das erste Stadium der Ausbildung eines eigenen, sich
von dem überlieferten Basilikentypus entfernenden Styles,
und lassen uns daher schliessen, dass sie nur die spätere
Anwendung der in jener primitiven Zeit aufgekommenen
Formen enthalten. Die Erfindung War ohne Zweifel hier,
wie in den meisten Fällen, nicht eine willkürlich gesuchte,
[sondern die Folge eines Mangels, dem man abhelfen musste
und der zum Ersatze anregte. In diesen erst jüngst be-
kehrten Gegenden war Alles neu zu schaffen. Römische
Bauten, welche Materialien liefern konnten, waren überall
nicht vorhanden w), nicht eimnal bedeutende Klosterstif-
r) Dithmar Mers.: Post haeo (Henricus II.) per Franciam
orientalem iter faciens, Saxoniam securitatis ac totius ubertatis quasi
florigeram paradisi aulam revidit.
w] Es scheint wohl, dass Otto der Grosse, wie sein Vorgänger
Karl, Säulenschäfte und andere antike Fragmente aus Italien herbei-
führen liess; die im Chore des Magdeburger Domes aufgestellten Säulen
von Granit und Porphyr, so wie ein am Dome zu Soest als Basis auf-