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Erste
Epoche.
von allen Schwierigkeiten, auf die Darlegung des Gedan-
kens auszugehen. Und dies gelingt ihnen dann oft in einer
Weise, die auch für uns ergreifend ist. Ungeachtet der
unvollkomlnenen Zeichnung, der eckigen und übertriebenen
Bewegungen verstehen wir die Innigkeit der Empfindung,
die Tiefe der Demuth, denErnst des Sinnes, die Ehrfurcht
vor den heiligen Gestalten, welche den Künstler beseelte,
und werden gerade bei der Einfachheit seiner künstlerischen
Mittel davon ergriffen. Wir erkennen schon in diesen er-
sten Ailfängen der neueren Kunst die Richtung auf das
Uebersinnliche, welche mehr den Seelenausdruck als die
Körperschönheit sucht; wir finden darin den Ausdruck be-.
scheidener
Treue
und
jener
christlichen
Demuth,
welche
die
höchsten Dinge nur im Gegensatze gegen die eigene Nie-
drigkeit auffassen kann. Und selbst das Unschöxle hat
darin einen Werth und eine Bedeutung, dass es charakte-
ristisch das VVesen jener Zeit vergegenwärtigt. Wir sehen
die Verwirrung der Verhältnisse, den Kampf zwischen der
strengen Regel und der ungebändigten Rohheit. Wir sehen
den geängsteten Klosterbruder mit seinen stets hervortre-
tenden Gelüsten, seinen Zweifeln und seiner aseetischen
Uebung. Wir sehen aber
die kindliche Naivetät, die
auch die
gläublge
N aturkraft
Festigkeit
und Fülle,
einer ein-
fachen
Zeit.
Wir
fühlen
eine
innere
Wahrheit
auch
WO unser verwöhntes Schönheitsgefühl auf den ersten Blick
beleidigt wird. Wahrhaft bedeutend werden endlich diese
ernsten und schlichten Bildwerke oft , WO sie mit der Ar-
chitektur
als
der
letzte
individuelle
Aus-
druck
ihrer
'l'endenz
erscheinen,
und
mit
ihr
die
feierlich
fronnne
Stimmung
und
Ernst
den
kirchlichen
Gefühls
theilen.
Wir erkennen dann in diesen mangelhaften Erzeugnissen
schon die Keime des Grossen und Herrlichen, das sich
Laufe
der
Jahrhunderte
HUS
ihnen
entwickeln
sollte.