Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 2)

Tradition 
ästhetischer 
Begriffe. 
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römischen oder allenfalls byzantinischen Kunst, mithin be- 
reits abgeleitete, halbverstandene Vorbilder vor sich, und 
fassten ihrerseits dieselben Wieder mit halbem Verständ- 
niss 
au f. 
Mit dieser Stellung zur Natur und mit jener Auffas- 
sung der Kunst als einer Schrift hing denn auch die Sym- 
bolik dieser Epoche zusammen. Es war noch nicht jene 
höhere Symbolik, Welche auch die Natur als eine Offen- 
barung Gottes betrachtet, in ihren Erscheinungen eine gei- 
stige Bedeutung und die Uebereinstimmung mit der heiligen 
Schrift, in der Gliederung natürlicher und historischer Ver- 
hältnisse eine Gedankenreihe almet oder mit naiver Poesie 
hineindichtet. Es war eine Symbolik vereinzelter Begriffe. 
Der Geist war von den Lehren der Schrift mächtig ge- 
treffen und erfüllt und versuchte sie auszusprechen und 
Anderen mitzutheilen. Aber diese Lehren Waren noch in 
der Form des abstrakten Gedankens aufgefasst, sie waren 
noch nicht vollständig flüssig, sie griffen noch vereinzelt 
und gewaltsam in das Leben ein, man konnte sie daher 
auch nur vereinzelt wiedergeben. Und noch mehr fehlte es 
an der freien, liebevollen Auffassung der Natur, welche die 
entsprechende Erscheinung auffinden konnte. Dem mangel- 
haften Gedanken entsprach daher ein mangelhaftes Bild, 
der Zusammenhang des Einzelnen mit dem Gesanlmtinhalte 
War ein loser und willkürlicher. Die Bilderspraehe war, 
wie die des Wortes, noch nicht frei wid leicht, sondern 
von der Tradition gebunden, Fremdes mischte sich mit 
Eigenem, Selbstgedachtem. Man behielt daher die altchrist- 
liehen Symbole, soweit sie noch bekannt waren, bei, ver- 
mehrte ihre Zahl aus einzelnen mystischen Andeutungen 
kirchlicher und profaner Autoren, folgte der tropischen Rede 
der heiligen Schriften wörtlich und kam so zu einer Hie- 
roglyphik, welche oft, bis ein Zufall lms in der zum
	        
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