Tradition
ästhetischer
Begriffe.
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römischen oder allenfalls byzantinischen Kunst, mithin be-
reits abgeleitete, halbverstandene Vorbilder vor sich, und
fassten ihrerseits dieselben Wieder mit halbem Verständ-
niss
au f.
Mit dieser Stellung zur Natur und mit jener Auffas-
sung der Kunst als einer Schrift hing denn auch die Sym-
bolik dieser Epoche zusammen. Es war noch nicht jene
höhere Symbolik, Welche auch die Natur als eine Offen-
barung Gottes betrachtet, in ihren Erscheinungen eine gei-
stige Bedeutung und die Uebereinstimmung mit der heiligen
Schrift, in der Gliederung natürlicher und historischer Ver-
hältnisse eine Gedankenreihe almet oder mit naiver Poesie
hineindichtet. Es war eine Symbolik vereinzelter Begriffe.
Der Geist war von den Lehren der Schrift mächtig ge-
treffen und erfüllt und versuchte sie auszusprechen und
Anderen mitzutheilen. Aber diese Lehren Waren noch in
der Form des abstrakten Gedankens aufgefasst, sie waren
noch nicht vollständig flüssig, sie griffen noch vereinzelt
und gewaltsam in das Leben ein, man konnte sie daher
auch nur vereinzelt wiedergeben. Und noch mehr fehlte es
an der freien, liebevollen Auffassung der Natur, welche die
entsprechende Erscheinung auffinden konnte. Dem mangel-
haften Gedanken entsprach daher ein mangelhaftes Bild,
der Zusammenhang des Einzelnen mit dem Gesanlmtinhalte
War ein loser und willkürlicher. Die Bilderspraehe war,
wie die des Wortes, noch nicht frei wid leicht, sondern
von der Tradition gebunden, Fremdes mischte sich mit
Eigenem, Selbstgedachtem. Man behielt daher die altchrist-
liehen Symbole, soweit sie noch bekannt waren, bei, ver-
mehrte ihre Zahl aus einzelnen mystischen Andeutungen
kirchlicher und profaner Autoren, folgte der tropischen Rede
der heiligen Schriften wörtlich und kam so zu einer Hie-
roglyphik, welche oft, bis ein Zufall lms in der zum