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Byzantinische
Anklänge.
sich
Zll
höherer
Freiheit
ausbildeten
und
dadurch
sich
VOD.
dem byzantinischen entfernten, entwickelte sich bei jenen
immer mehr ein Styl, der in seinen langgedehnten Gestal-
ten, in der Häufung der Falten, in der sauberen aber klein-
lichen Verzierung der Gewänder wiederum stärker dorthin
neigte und sich so bis in die zweite Hälfte des zwölften
Jahrhunderts erhielt. Allein dennoch dürfen wir hier, zumal
da die architektonische Plastik den Byzantinern völlig fehlte,
keinesweges eine neue Einwirkung vom Oriente aus, son-
dern nur eine specifische Aeusserung des architektonischen
Formgefühls dieser Gegenden, verbunden mit einem Nach-
klange des früheren Miniaturenstyls, annehmen. Ueberall
verlor sich also jenes byzantinische Element mit der Aus-
bildung des architektonischen Sinnes, verschmolz mit dem-
selben, verschwand ebenso unbemerkt, wie es sich einge-
schlichen hatte. Wir sehen daher, dass es nur eine Ue-
bergangsstufe bildete, ein Hülfsmittel, dessen der einhei-
mische Geist sich bediente, weil es ihm entsprach, weil
er durch dasselbe feigene, grössere Arbeit ersparte, das
ihn in seiner Entwickelung nicht hemmte, sondern förderte,
das er fallen liess, Isobald seine Kräfte soweit gestärkt
waren, um es zu entbehren. Es vertrat die Stelle, welche
bei völlig naturgemässer Entwickelung der Kunst die ar-
chitektonische Regel allein einnimmt, war nur ein Surrogat
für dieselbe, bis dahin, dass sie hinlänglich gereift war,
um die anderen Künste zu leiten. Dass man einer solchen
Entlehnung bedurfte, dass sie sich eine Zeitlang erhalten
konnte, hängt damit zusammen, dass die Kunstübung im
Mittelalter eben ilicht ein freies Product des Nationalge-
fühls, sondern ein traditionelles Bedürfniss der Kirche war,
dass sie daher auch schon vor dem Zeitpunkte ihrer na-
türlichen Entwickelung statt finden musste, und sich nur
durch fremde Hülfe erhalten konnte. Daher fand denn auch