Ihre
Ursachen.
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die strenge, starre Form gerade zusagend; sie fanden darin
einen Ausdruck, der ihrem eigenen ascetischen Streben
entsprach, und an den das Volk zu gewöhnen sie für
nützlich halten mochten. Der byzantinische Styl hatte mit
einem Worte eine Verwandtschaft mit der strengen kirch-
lichen Richtung des elften Jahrhunderts. Daher fand er
in Italien Eingang, als die hildebrandinische Reaction gegen
das bisherige laxe Wesen siegte, daher kam er in Deutsch-
land, wo diese Strenge schon früher herrschte, seit den
Zeiten Heinrich's II. in Aufnahme. Von hier aus ver-
breitete er sich dann, durch die Verbindung der Mönchs-
erden und vermöge des höheren Ansehens der deutschen
Klosterschulen, über die anderen abendländischen Gegenden.
Aus diesem Zusammenhange erklärt sich denn auch
das Uebrige. Der byzantinische Styl fand nur soweit Ein-
gang, als jenes Bedürfniss und jene Vorbilder es beding-
ten. In Werken von höherer Bedeutung und grösserer
Dimension, für welche die transportabeln byzantinischen
Arbeiten, die man allein kannte, kein Vorbild gaben, und
bei denen sich das eigene Gefühl mächtig regte, fand er
überall keinen) Eingang. Hier herrschte vielmehr, da Werke
dieser Art meistens mit Gebäuden zusammenhingen, das
architektonische Element, welches allerdings in seiner stren-
gen Anwendung auf die Form des Lebens einigermaassen
ähnliche, aber doch sehr verschiedene Wirkungen wie jene
byzantinisirende Regelung hervorbrachte. In den Sculpturen
der Michaeliskirche zu Hildesheim und an dem Belief des
Egstersteines sind daher keine, oder doch nur höchst
schwache Anklänge an byzantinische Weise zu entdecken.
Je mehr sich die Architektur und mit iln das eigene Form-
gefühl hob, desto mehr verschwanden jene Einflüsse. Aller-
dings gilt dies von den französischen Sculptnren nicht in
demselben Grade wie von den deutschen; während diese