in
der
Architektur.
581
Sophienkirche zu Constantinopel ß), in den Dimensionen
oder in der Form der Bauten bezweckt wurde, so kann
man dies noch nicht als den Beweis einer Einwirkung des
byzantinischen Styles anführen, da eine solche Reminiscenz
das Künstlerische und 'l'echnische der Architektur unbe-
rührt liess. Ueberhaupt beginnt und äussert sich die beab-
sichtigte Nachahmung einer fremden Architektur der Natur
der Sache und der Erfahrung nach immer zuerst an den
Details, hier aber sind diese durchweg abendländisch und
charakteristisch verschieden von den byzantinischen, und
alle Aehnlichkeiten, die man in dieser Beziehung behauptet
hat, sind entweder gar nicht vorhanden, oder doch nur von
so allgemeiner Art, dass sie sich aus der gemeinsamen
und hier wie dort allmälig erblassenden Tradition des rö-
mischen Styles vollkommen erklären und durch die dabei
bestehenden Verschiedenheiten die Annahme einer directen
Einwirkung ausschliessen w]. Im Ganzen also ist ein
den von ihnen im Abendlande erbauten Kirchen eine der Grabkirche
ähnliche Gestalt gaben, und sie daher rund (wie in London und a. a.
O.) oder polygonförmig, zwölfeckig wie in Segovia, achteckig wie in
Laon und Metz (Alb. Lenoir a. a. O. p. 185, 209) anlegten; allein
auch diese Kirchen sind im Uebrigen abendländischen Styls. Auch
später noch baute man sogenannte heilige Grabkirchen (z. B. im vier-
zehnten Jahrh. in Brügge) polygonförmig, aber stets im Style ihrer Zeit.
i") So sollen die Mönche von St. Medard in Soissons im Jahre
1158 ein Gebäude in den Dimensionen der Sophienkirche erbaut haben.
Dom Martene Vog. litt. t. II, p. 17.
H] Eine solche Aehnlichkeit haben in der That die stylisirten
Blätter in der Ornamentation beider Style. Allein sie sind charakteri-
stisch verschieden behandelt, und erklären sich hier wie dort durch
den Vorgang der spätrömischen Sculptur und durch die Abnahme des
plastischen Geistes. Das abendländische Würfelkapitäl ist von dem
byzantinischen wesentlich verschieden; der Rundbogenfries (den z. B.
Büsching geradezu als neugriechische Verzierung bezeichnet) kommt im
Orient selten und in ganz anderer Form vor; die Zwerggallerien, die
nur in Italien und im Rheinthale gebräuchlich sind, sind dem byzanti-
nischen Style fremd.