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Erste
Epoche.
geschäftigkeit mit dem künstlerischen Beruf nicht Wohl
vereinbar War. Wenn auch, wie man voraussetzen darf,
diese hochgestellten, vielfach in Anspruch genommenen
Männer die Ausführung nicht mehr selbst übernahmen, so
gaben sie doch den Ton an, und ihre übrige 'l'hätigkeit
wirkte auf die Kunst zurück. Man hat wohl die Mängel
dieser Kunstepoehe der klösterlichen Abgezogenheit und
Unkenntniss der Mönche, welche sie übten, zugeschrieben;
in gewissem Sinne verhielt es sich aber gerade umgekehrt,
die Kunst stand vielmehr mit dem praktischen Leben in
allzu grosser, nicht wünschenswerther Verbindung. Der
Staatsmann, der Priester und überhaupt jeder, der praktisch
wirkt, muss im Drange der Umstände mit dem Erreich-
baren zufrieden sein, kleine Uebel wegen grösserei" V or-
theile übersehen, er darf nicht nach dem Höchsten, dem
V ollendeten streben, nicht mit weichherziger Vorliebe am
Blinzelneil hängen. Seine Hand, an den Kampf mit harten
Stoffen gewöhnt, wird nothwendig das zarte Gefühl für
die feineren Schönheiten verlieren. Mit Recht und instinkt-
mässig pflegen sich ilaher auch die Künstler von allzu-
grosser, praktischer 'l'hätigkeit, von dem Kampfe mit der
Noth des Lebens fern zu halten. Diese Vermischung; so
heterogener Thätigkeiten wirkte aber besonders naehtheilig
in Beziehung auf die darstellenden Künste. Der Architektur
stand sie weniger im Wege, weil diese Kunst selbst von
der Nützlichkeit ausgeht, weil sie, wie die Leitung der
öffentlichen Angelegenheiten, verwaltenden Verstandes be-
darf und ihre geistige Aufgabe in der Darstellung allge-
meiner Verhältnisse hat, in deren WVürdigung der Blick
des klugen W eltmannes geübt wird, weil endlich das De-
tail ihrer Formen keine praktische Anwendung duldet. Die
darstellenden Künste dagegen, weil sie allgemein verständ-
liche Gestalten mit moralischen Beziehungen geben, können