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Italienische
Sculptur.
doch unendlich roh, plump und geistlos, ohne Gefühl für
Raum- und Körperverhältnisse. Man hat sie dem Pisaner
Bonannus zuschreiben wollen i), von dem wir Wissen, dass
er im Jahre 1180 eine Thüre für die Fagsade dieses Domes
gegossen hat, die aber bei dem Brande des Jahres 1596
untergegangen ist, lmd von dem eine andere, von 1186
datirte Thür noch jetzt in Monreale bei Palermo existirt.
Indessen soll diese letzte weniger unvollkommen sein, als
die jetzt in Pisa befindliche, auch spricht die Baugeschichte
dieses Domes dafürfdass diese am Kreuzschiffe befindliche
Thüre bald nach der Vollendung dieses Theiles der Kirche,
imd mithin lange vor der Zeit der uns bekannten Arbeiten
des Bonannus entstanden ist. Auch, wenn man nach jener
Thüre in Monreale urtheilt, erscheint er indessen, obgleich
er berühmt genug War, um in Sicilien zu concurriren, noch
keinesweges als ein bedeutender Künstler.
Nicht viel besser ist endlich auch der Styl auf der
Altarbekleidung, Welche Papst Coelestin II. in den Jahren
1143 oder 1144 im Dome zu Cittä di Castello stiftete, nur
dass hier ein grösserer Einfluss des byzantinischen Styles,
aber auch mit aller 'l'rockenheit desselben, wahrzunehmen
ist im]. Und so finden wir also am Schlüsse dieser Epoche
und noch selbst über die Gränze derselben hinaus, in allen
Theilen Italiens die darstellenden Künste auf einer niedri-
geren
Stufe ,
als
in
Deutschland.
a] So noch Gicognara II, 101, während Serradifalco (Del duomo
di Monreale etc. Appendiee, p. 62) und Rosini (St. d. P. Lib. I, e. 3)
widersprechen. Die freilich sehr unzuverlässigen Abbildungen der
Thüre von Monreale, welche Serradifalco, Tab. IV, und Rosini geben,
scheinen in der That auf einen mehr entwickelten Styl hinzudeuten,
als jene in Pisa erhaltene Thüre zeigt. Auch ist der Grund, dass B0-
nannus auf jene beiden Thüren seinen Namen setzte und sich hier
keine Inschrift findet, keinesweges unerheblich.
w] Agincourt Sc. Taf. XXI.