Toscana.
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Gestalt, deren Theile und Bewegung sie nothdürftig be-
zeichnen. Etwas besser, doch immer noch sehr steif und
unbedeutend, sind die Reliefs desselben Meisters über der
Thüre von S. Salvatore (jetzt S. Caritä) in Lucca, die
Legende des heiligen Nikolaus (larstellend Auch die
Reliefs einer aus der abgetragenen Kirche S. Piero Sche-
raggio in Florenz nach der vorstädtischen Kirche S. Leo-
nardo daselbst gebrachten Kanzel sind noch sehr roh, aber
sie zeugen von Gedanken und Empfindung und übertreffen
im Stylgefühl jene lombardischen Sculpturen. Sie werden
daher jedenfalls erst am Ende dieser Epoche entstanden
sein die]. Wir sehen daher um diese Zeit die Plastik noch
auf einer sehr niederen Stufe.
Arbeiten in Erz sind hier seltener. Das einzige, mit
Sicherheit dieser Epoche angehörige Werk in Toscana ist
eine Thüre am Kreuzschiffe des Domes zu Pis a, vielleicht
vom Anfange des zwölften Jahrhunderts. Zeichnung und
Auffassung sind hier zwar nicht so hässlich und wild, wie
an der oben erwähnten Thüre von S. Zeno in Verona, aber
8] Förster S. 8 und Rumohr I, 261. Jener deutet das eine Re-
lief auf die Parabel von der Hochzeit des Königssohnes, was ich be-
zweilie, da ich keine Darstellung dieser Parabel im Mittelalter kenne.
Das Mittelalter war allerdings bereit, Parabeln für Wahrheit und die
darin vorkommenden Gestalten für historische oder doch überirdisch
existente zu nehmen, und diese gingen denn auch, wie z. B. die
klugen und thörigten Jungfrauen, in den künstlerischen Gebrauch über.
Dagegen habe ich solche Parabeln, welche keine hervorragenden nam-
haften Gestalten, sondern nur Beziehungen geben, nie dargestellt
gefunden, was auch begreiflich ist, da sie nicht populär werden konn-
ten und nicht leicht verständlich wiederzugeben waren.
Rumohr I, 252 (der sie ausführlicher beschreibt) will sie dem
elften Jahrhundert vindiciren, Förster a. a. O. 12 setzt sie in die zweite
Hälfte des zwölften, und weist eine Aehnlichkeit der von ihm mitge-
theilten Kreuzabnahme mit der Darstellung desselben Gegenstandes
durch Nicolo Pisano am Dome zu Luoca nach. Diese Aehnlichkeit
schliesst aber die frühere Entstehung nicht aus, auf welche die grosse
Verschiedenheit des künstlerischen Werthes schliessen lässt.
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