Lombardischer
Styl.
557
aus Deutschland stammenden Arbeiter, entgegen Bei
einigen mehr ornamentalen Sculpturen, z. B. an S. Michele
in Pavia, scheint in der That ein solcher stattgefunden zu
haben, wir sehen darin die architektonische Regelung des
Plastischen, die Neigung zu schlanken Formen und ge-
drängten Linien, Welche sich in Deutschland und Frank-
reich entwickelte. Von den meisten anderen Arbeiten die-
ser Art gilt dies nicht. Ihre kurzen, breiten, vollen Ge-
stalten, der derbe, naturalistische Ausdruck, die naiven
Züge entsprechen keinesweges der an Manier anstreifenden,
steifen Haltung, die aus der Unterwerfung des Plastischen
unter die architektonische Regel des Nordens entstand,
Sondern den breiteren, leereren Formen der italienischen
Baukunst. Zu den ältesten dieser Sculpturen gehören die
Darstellungen aus dem alten Testamente an der Fagade der
Kathedrale zu Modena im), als deren Bildner ein gewisser
Wiligelmus unbekannten Vaterlandes genannt wird, und
die, da der Bau des Domes 1099 begonnen wurde, in das
erste Viertel des zwölften Jahrhunderts fallen werden. Die
Zeichnung ist sehr formlos und unbeholfen, aber mit einem
sichtbaren Bestreben nach Ausdruck und Wirkung. Sehr
ähnlich sind die Reliefs aus dem alten und neuen Testa-
mente nebst den Darstellungen des Monatskreises, der Sage
vom Theodorich u. a. an der Facade von S. Zeno in
i") Die Geschichte der italienischen Sculptur dieser Zeit ist we-
niger bearbeitet, als die der Malerei, da Cieognara hier unbrauchbar
ist, indem er seine ziemlich dürftigen Notizen über die Plastik vom
elften bis vierzehnten Jahrhundert bunt durcheinander wirft (Lib. III,
eap. Q).
M] Abbildungen bei Cieognara Taf. 7, Nro. 14, und bei Agine.
Seulpt. Taf. 21, Nro. 6. Inter seulptores quanto sis dignus honore
Claret seulptura nune Wiligelme tua. Vgl. Cicognara a. a. O. III,
109. Aus dem auf dem Steine abbrevirten Worte: Claret hat man irrig
einen Zunamen machen wollen.