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Darstellende
Künste
in
Italien.
und würdig. Das ganze Bild in seiner Farbenpracht, mit
dem zierlichen, zeltartigen Ornamente, das den oberen Theil
der Concha ausfüllt, bereitet uns schon auf die grossar-
tigen Gestalten vor, die im dreizehnten Jahrhundert die
eigenthümliche italienische Kunst einleiteten, und ist un-
streitig das bedeutendste Werk dieser Epoche.
Sehr viel reichhaltiger seinem Inhalte nach ist das ko-
lossale Mosaik, das im Dome von Torcello bei Venedig
die Westliche Wand im Inneren in ihrer ganzen Höhe be-
deckt, und das ungefähr um die Mitte des Jahrhunderts
ausgeführt sein mag. Es stellt, wie auch sonst häufig
vorkommt, dem Hinaustretenden, der seine Andacht ver-
richtet hat, die letzten Dinge vor Augen, die er bei der
"Rückkehr in die Welt zur Warnung vor der Sünde im
Gedächtnisse behalten soll. Oben sehen wir die Kreuzi-
gung; dann Christus zur [Tnterwelt herabsteigtand, wo ihm
die Patriarchen des alten Bundes entgegensehen. Darauf das
jüngste Gericht, der Weltrichter, von der Jungfrau und
Johannes, so wie von den Aposteln umgeben; unter ihm
die apokalyptische Vision des Buches mit den sieben Sie-
geln. Dann die Auferstehung, und zwar nicht bloss der
Menschen, sondern auch der Thiere, beide theils aus den
Gräbern und dem Boden der Erde theils aus der Meeres-
tiefe aufsteigend. Darauf die Scheidung der Gerechten und
Ungerechteil, der Engel mit der Wagschale, Engel und
'l'eufel, diese als kleine schwarze Gestalten dargestellt, die
Seligen und Verdammten empfangend. Endlich das Brust-
bild der fürbittenden Jungfrau und zu ihren Seiten theils
das Paradies, dessen Pforte Petrus nebst einem Engel be-
wacht, und in dessen Inneren die kolossale Gestalt Abra-
hams, die Seligen in Kindergestalt in seinem Schoosse
haltend, sitzt, theils die Hölle, wo die Verdammten durch
Feuer und Schlangen gequält werden. Der Styl des