Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 2)

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Sculptur 
und 
Malerei. 
ähnliche, wie wohl minder starke Differenz zwischen der 
Sculptur und Malerei finden wir in dieser Epoche auch in 
anderen Gegenden. Die Sculptur war überall derber, volks- 
thümlicher, dmch den architektonischen Typus der Provinz 
bestimmt, die Malerei mehr ein Gegenstand gelehrter Re- 
flexion, und daher von einzelnen Individuen abhängig. Ge- 
rade Wegen der Unbestimmtheit der allgemeinen Principien 
gingen aber individuelle Richtungen leicht sehr Weit aus- 
einander. An den Miniaturen können wir dies nachweisen, 
welche oft, obgleich aus derselben Gegend stammend, weit 
von einander divergiren, und was in dieser bekannteren 
Kunst stattfand, wird auch in der WVandmalerei nicht aus- 
geblieben sein. Dazu kam denn noch, dass die Sculptur 
im Poitou durch das phantastische Element der Architektur 
und durch die Oetfentlichkeit, für welche der Facaden- 
schmuck bestimmt war, auf eine, der strengeren Richtung 
der Malerei entgegengesetzte Bahn geleitet wurde. 
Dies führt mich sogleich in die allgemeinen Betrach- 
tungen ein, zu welchen die Leistungen dieser Epoche in 
den darstellenden Künsten Veranlassung geben. Ungeachtet 
der so eben bemerkten Abhängigkeit der Sculptur von dem 
Baustyle finden wir in den darstellenden Künsten der ver- 
schiedenen Länder dennoch eine grössere Uebereinstimmung, 
als in der Architektur. Sie gehen überall mehr oder We- 
niger von denselben Voraussetzungen aus, sie spalten sich 
nicht in so viele charakteristisch verschiedene Schulen, das 
geographische Element hat nur einen unbedeutenden Ein- 
fluss, die Abweichungen sind mehr geistiger und persön- 
licher Natur. Der Zusammenhang der Nationen ist daher 
hier ein engerer, als in der Baukunst, die Wechselwirkung, 
welche sie auf einander ausüben, viel stärker, und die Ge- 
sammtheit ihrer Leistimgen lässt sehr deutlich den gemein- 
samen Entwickelungsgang erkennen. Es handelte sich
	        
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