524
Sculptur.
selben Styl, dieselbe Feinheit der Ausführung, aber einen
strengeren Geist, der den Reichthum des Schmuckes jener
südlichen Arbeiten verschmäht. Endlich gehört auch dieser
burgundischen Schule ein Bildwerk an, welches, gegen
1150 entstanden, wohl das bedeutendste dieser Zeit sein
möchte, das erst vor Wenigen Jahren von dem Bewurf
wieder befreite Bogenfeld des Portals an der Kathedrale
von Autun. Es enthält die so oft wiederholte Darstellung
des jüngsten Gerichts, und zwar völlig im herben Style
dieser Zeit, mit übermässig schlanken, meist neun bis zehn
Kopflängen haltenden Figuren, imit den strengen gehäuften
Falten, aber zugleich mit einer Grossartigkeit, mit einer
Lebendigkeit und Kühnheit der Bewegung, und in den
schauerlichen, danteskelf Scenen der Verdammniss mit einer
Wahrheit der Motive, die uns recht anschaulich zeigt,
wohin dieser Styl strebte lllld welcher Kraft und Wirkung
er fähig war.
Das beigefügte Fragment giebt eine schwache An-
schauung des Styles. Engel und Teufel sind kolossal,
Menschen in kleiner Dimension. Unten sehen wir einen
Engel, der mit der Posaune zur Auferstehung ruft; gleich
über ihm ergreift aber ein Teufel mit seinen Zangen einige
der eben Auferstandenen, unter denen ein Weib durch den
Schlangenbiss an ihrer Brust schon die Strafe der Wollust
empfindet. Weiter oben eine complicirte Gruppe gegen-
seitig sich unterstützender Teufel. Der grösseste von ihnen
erfüllt ein dreifaches Geschäft, indem er mit der Rechten
einen armen Sünder, der bald auf die Wagschale kommen
soll, festhält, mit der Linken den, der sich darin befindet,
überwacht, und mit dem Rücken einen Satan trägt, der
mit Anstrengung das Feuer anfacht, in welches oben ein
thierköpliger Teufel einen gekrönten Verbrecher hineinstürzt.
Während dessen bewahrt ein Engel den Gerechten in der