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Sculptur.
Geldsack gegen die Brust drückt, aber auch schon von
einem zottigen und gehörnten Teufel gepackt wird, diese
durch ein nacktes, von Schlangen umwundenes und ge-
gmartertes Weib. Der Tod des Geizigen lmd wiederum die
Parabel vom reichen Manne, der den armen Lazarus in
Abrahams Schoosse sieht, und endlich die Hölle mit ihren
Martern, geben dann die unzweideutige Auslegung und
vollenden die Busspredigt, welche die frommen Bildner
bezweckten. Räthselhafter ist es, wenn dann weiter an
den Pfosten des Portals neben den Fürsten der Apostel
und zwei Propheten drei Paare aufrechtstehender Löwinnen
dargestellt sind, die mit offenem Rachen und vorgestreckter
Zunge kampfbereit einander die Vordertatzen auf die Schul-
tern legen. Besonders diese Thiergestalten, dann aber auch
jene erwähnten Reliefs, werden als ausserordentlich schön
und bedeutend geschildert. Das Relief ist weit ausladend,
die Ausführung dreist und sicher, die Darstellung zwar
gewaltsam und hart, aber in ihrer allerdings fast grausa-
men Energie von überraschender Wahrheit. Das Bogen-
feld enthält die Darstellung des Heilandes mit den vier
Evangelisten und den vierundzwanzig Alten der Apoka-
lypse, aber in schwächerem Relief und roherer, geistloser
Arbeit, so dass man, besonders da auch die untere Archi-
tektur zu diesem oberen Theile im Missverhältnisse steht,
vermuthet hat, dass dieser Theil schon unter dem Vor-
gäuger des Ansquilinus, dem Abte Durandus, der die
Vorhalle baute, entstanden sei. Jedenfalls giebt diese
Verschiedenheit den Beweis eines um diese Zeit eingetre-
tenen Aufschwunges der Plastik in dieser Gegend, der
vielleicht durch die besondere Begabung eines hier wir-
kenden Künstlers entstand, und daher nicht bleibend war.
Bedeutender noch sind die Sculpturen an der Facade
von St. Gilles in der Provence, von der ich in architek-