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Plastik.
erkannt, und der Mangel einer festen Regel der Anordnung
und Raumeintheilung sehr fühlbar. Die Figuren stehen
vereinzelt, auf den verschiedenen Feldern in sehr verschie-
dener Anzahl, bald nach malerischen, bald nach plastischen
Anforderungen geordnet, bald in flachem Relief, bald hoch
erhoben und selbst theilweise mit dem Oberkörper ganz
frei aus der Fläche der Platte hervorragend.
Im Ganzen ist also die Richtung dieser Schule eine
völlig naturalistische. Nur der allgemeine Gedanke ist von
der Trajanssäule entlehnt, die flüchtigen Anschauungen in
Italien genügten nicht, um die Hand des Arbeitenden zu
leiten. Von byzantinischer Einwirkung ist noch Weniger
eine Spur; in Byzanz selbst hatte man ja seit dem Bilder-
streite die grössere Sculptur ganz aufgegeben, man ver-
zierte dort die ehernen Thüren mit flacher, eingegrabener
Zeichnung. Schon das Unternehmen so grosser plastischer
Arbeiten zeigt die Unabhängigkeit von byzantinischer Kunst.
Auch die an sich nicht sehr bedeutenden Miniaturen ge-
Wisser Manuscripte, welche noch jetzt im Domschatze zu
Hildesheim aufbewahrt werden, und nach lmzweifelhaften
Inschriften theils von Bernward selbst, theils für ihn ge-
schrieben sind, haben höchstens im Auftrage der Farben
Spuren der byzantinisirenden Richtung, schliessen sich aber
in der Zeichnung der Figuren und im Style der Initialen
noch ganz an die karolingische Zeit an.
Bernwardis Bestrebungen standen nicht allein, nament-
lich wwden Metallarbeiten von grossem Umfange an meh-
reren Orten ausgeführt. Deutschland erlangte in diesem
Kunstzweige auch im Auslande eine gewisse Berühmtheit
In der Schrift des Theophilus presbyter: Quidquid auri, ar-
genti, cupri vel ferri lignorum lapidumve solers landet Germania. In
England rühmte man im elften Jahrhundert Metallarbeiten als „opere
Teutonico" gefertigt. Vgl. Fiorillo, G. d. z. K. in Deutschland, II,
272, nota a.