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Plastik.
Haltung kräftiger, breiter, freier, dabei aber freilich auch
oft in hohem Grade unschön und roh sind. Ja, man iindet
Werke, bei denen dieser Naturalismus in Verbindung mit
der Absicht , bedeutsam zu sein und zu imponiren, zu so
grellen Formen führt, dass das Sehauerliche in ihnen an
der Gränze des Komischen steht
Diese Rohheit des Naturgefühls erklärt es vollkommen,
dass feiner gebildete Männer sich, um derselben abzuhelfen,
Wieder näher an antike Vorbilder anschlossen. Der Eifer
für Kunst und Wissenschaft, den das Ottonische Haus
begünstigte, hatte am Anfange des elften Jahrhunderts sei-
nen Höhepunkt erreicht. Nicht bloss die Klostersehulen
Waren jetzt Stätten künstlerischer Bildung, sondern auch
auf den bischöflichen Stühlen sassen Männer, die für Wis-
senschaft und Kunst begeistert Waren, und sie auf alle
Weise förderten, wie Willigis in Mainz, Meinwerk in
Paderborn, Bernward in Hildesheim. Sie alle werden von
verschiedenen Lebensbesehreibern mit fast gleichen Zügen
geschildert; sie sind gelehrt , schon als Schüler ausge-
zeichnet, aber zugleich Wahre Kilnstenthusiasten, sie ver-
suchen sich selbst in verschiedenartigen Arbeiten, ziehen
kunstgeübte Männer an sich, legen Schulen an, führen auf
ihren Reisen Zeichner mit sich , um zu copiren was ihnen
auffällt, und unternehmen zu Hanse grössere oder kleinere
WerkeÄ Es konnte daher nicht fehlen , dass diese lernbe-
gierigen. Mäimer von fremden und älteren Leistungen aller
Art angeregte wurden, und ihr Auge bald auf griechische,
bald auf antik römische Arbeiten warfen. Der bedeutendste
Beispiele sind nicht selten; dahin gehört unter Anderen ein
mit Niello reich verziertes Altärcherl der ehemaligen Abteikirche zu
München-Gladbach (Regien-Bezirk Düsseldorf), wo die Rohheit der
Züge des Heilandes, die grossen Augen, die eckig gebildeten Wangen,
die kolossale Nase, eigenthümlich mit der Zierlichkeit des Schrnuckes
contrastiren.