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Wandmalerei.
Inhalte nach dieser Gegend und spätestens der ersten Hälfte
des zwölften Jahrhunderts angehört ü). In kunsthistori-
scher Beziehung giebt es einen ferneren Beweis, dass der
starre, byzantinisireilde Styl in diesen nordischen Gegenden
nicht vorherrschte. Die Darstellungen des 'l'eppichs zeigen
vielmehr, wie die angelsächsischen Miniaturen, einen ent-
schiedenen, dreisten Naturalismus; bei einer grossen Roh-
heit der Zeichnung in den feineren Theilen, welche freilich
durch die Art der Arbeit gesteigert ist, sind doch die Her-
gänge sehr lebendig aufgefasst, die Motive naiv und be-
zeichnend, die Bewegungen dreist und richtig verstanden.
Besonders sieht man den ritterlichen Hergängen an, dass
der Zeichner mit ihnen vertraut war und sie mit Vorliebe
behandelte; die Kämpfe, die Erstürmung von Schlössern,
die Eile reitender Boten, deren Hiegendes Haar vom Winde
rückwärts gewendet ist, weiss er sehr gut zu schildern.
Dieser 'l'eppieh, wie er überhaupt ein überaus reiches
Material für Culturgeschichte und Kostüm giebt, gewährt
uns auch eine Anschauung über die Anwendung der
Wandmalerei in England. Bei dem Begräbniss König
Edwards sind nämlich die Säulen, auf denen die Kirche
ruhet, sämmtlich und zwar an Stämmen und Kapitälen
Verschiedenfarbig; selbst die acht Fenster, welche in glei-
chen Abständen, aber (wie wir es in Bauten dieser Epoche
so oft finden] in grösserer Zahl, als die darunter stehenden
fünf Arcaden, angebracht sind, haben abwechselnde Farben,
bald gelb, bald blau, und scheinen mithin von gefärbtem
Glase gewesen zu sein; dagegen sind die Wände dazwi-
schen weiss gelassen. Dies erklärt sich auch sehr leicht,
4') Es ist zweimal in vortreiilichen, farbigen Darstellungen edirt;
das eine Mal auf Kosten der brittischen Alterthumsgesellschaft durch
den für eine solche Aufgabe vorzugsweise geeigneten Zeichner Stothard,
später in AchilleJubinal, Tapisseries historiees, Paris 1838.