Der
Teppich
VOII
Bayeux.
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Auch hat sich in diesen Gegenden wenigstens ein höchst
merkwürdiges VVerk dieser Art erhalten, der Teppich von
Bayeux. Er besteht, wie ich schon früher erwähnt
habe aus einem nur 19 Zoll hohen, aber 210 Fuss
langen Leinwandstreifen, lmd wurde in der Kathedrale von
Bayeux bei gewissen Festen an den Kirchenwänden auf-
gehängt. Grossentheils verdankt er seine Berühmtheit seinem
Inhalte. Denn da er die Geschichte der Erobermig Eng-
lands durch Herzog Wilhelm im grossen Detail und mit
manchen Abweichungen von den Berichten der Chronisten
darstellt, und jedenfalls in einer von dem Hergange nicht
sehr entfernten Zeit gefertiget ist, so hat er fast den
VVerth einer urkrnrdlichen Quelle für die englische Ge-
schichte. Die Verehrung, Welche die Engländer ihm des-
halb widmen, hat die Vermuthung, dass die fleissige und
fromme Gemahlin des Eroberers, die Königin Mathilde, ihn
mit ihren Frauen gearbeitet habe, in Umlauf gebracht;
Andere haben dagegen kritische Einwendungen erhoben die),
und die Meinung aufgestellt, dass vielmehr eine andere
Mathilde, die Tochter Heinrichis I., die nach dem Tode
ihres Gemahls, des deutschen Kaisers Heinrich V. , noch
bis 1167 lebte, die Urheberin sei, wodurch denn die Ar-
beit aus dem elften in das zwölfte Jahrhundert gerückt
werden Würde Seid-i]. Weder das Eine noch das Andere
scheint erwiesen, und die Kunstgeschichte kann die Frage
über die persönliche Stifterin oder Urheberin dieses Werkes
auf sich beruhen lassen, da es unbezweifelt dem Style und
r) Bd. IV, 1. Ahth. s. 342.
M) Vorzüglich die, dass Robert Wace, der um 1162 die Ge-
schichte der Eroberung besang, obgleich Oanonicus an derselben Ka-
thedrale, den Inhalt des Teppichs nicht gekannt zu haben scheint.
i'm) Eine Uebersicht der weitläufigen, meist in der Arehaeologia
brittannica verhandelten Controvcrse giebt Jubinal im Text seiner Ta-
pisseries historiefes.