Einfachheit
des
häuslichen
Lebens.
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Genüge , dass es noch sehr einfach , anspruchslos und selbst
roh war. Die altrömische Civilisation, welche unter der
Herrschaft der Ost- und vVestgothexi noch bestand und
deren Vortheile diesen verständigen Barbaren einleuchteten,
war durch _die späteren Jahrhunderte mehr und mehr zer-
stört, und altgcmianisches Herkommen, kriegerische VVild-
heit und kirchliche Strenge wirkten gemeinschaftlich jeder
Hinneigilng zu milden oder gar weichlichen Sitten entgegen.
Selbst die einfachsten Bequemlichkeiten, die in Byzanz
längst hergebracht waren, z. B. der Gebrauch der Gabeln
beim Essen i?) wurden verschmäht und galten als sündliehe
Ueppigkeit. Vielmehr nahm das Leben, besonders auch
durch die bei der Bildung des Ritterthulns verwaltenden
lariegiarischen und religiösen Gedanken, eine strengere Hal-
tung und rauhere Formen an.
Auch die Tracht war sehr einfach und im WVescnt-
lichen noch dieselbe wie im karolingischeil Zeitalter, eine
Mischung römischer und fränkischer Kleidung; die römische
durch den Gürtel gefaltete Tunica, ein längerer oder kür-
zerer Mantel durch die Fibula auf der Brust zusammen-
gehalten, fränkische Strümpfe oder Hosen , Schnürstiefeln,
runde Schilde und der lederne Hamisch Waren ihre Wesent-
Ü Petrus Damianus (De institutione moniali, cap. XI. Opuscula
Pars III.) führt unter anderen Beispielen sündlicher, und durch gött-
liche Strafen geahndeter Ueppigkeiten auch eine Gemahlin eines Her-
zogs von Venedig, eine Byzantinerin (Constantinopolitanae urbis civem)
an, welche die Speisen nicht mit ihren Händen berührte, sondern sie
von ihren Eunuchen klein schneiden liess und mit gewissen goldenen
und zweizahnigen Gabelchen (quibusdam furniculis aureis atque biden-
tibus) zum Munde führte. Man sieht also, dass dieser Gebrauch der
Gabeln zur Zeit des Petrus 1072] im Abendlande unbekannt war.
Petrus nennt den Gemahl der Herzogin nicht, die Art, wie er der Sache,
erwähnt, lässt aber keinen Zweifel, dass er von einer Zeitgenossin
sprißht, wie denn auch der Chronist Dandolo im 14. Jahrh. die That-
sache ohne Weiteres auf die Gemahlin des Herzogs Dominieus Sylvo
bezieht (Murat. Scr. rer. It. XII. p. 947).