Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 2)

Angelsächsische 
Kunst. 
485 
tern ist Roth, auf anderen Blau oder Schwarzbraun vor- 
herrschend. Aber man darf sich durch diese dilettantisehe 
und fast kindische Ausführung nicht von näherer Betrach- 
tung dieser Zeichnungen abhalten lassen, sie sind in gei- 
stiger Beziehung höchst beachtenswerth, voller Gedanken 
und Leben, oft wirklich poetisch und geistreich. 
Es sind meistens sehr iigurenreiche Compositionen; die 
Zeichner wollen die im Texte ausgesprochenen Gedanken 
nicht bloss versinnlichen, sondern weiter ausführen, Neues 
anregen. Sie geben Anwendungen und mehrfache Bei- 
spiele, sie verfolgen die Consequenzen, und ihre Arbeit, 
Wie sie aus reicher Phantasie und sorgfältiger Ueberlegung 
hervorgegangen ist, erfordert auch eine eingehende Betrach- 
tung. Am ausführlichsten wird ihre Darstellung allerdings 
bei schreckenerregenden oder kriegerischen Scenen; die 
Qualen der Verdammten in der Hölle sind durch eine 
Mannigfaltigkeit von Stellungen und Martertverkzeugen 
repräsentirt, welche an Dante's Gedicht oder an Bilder des 
fünfzehnten Jahrhunderts erinnert. Auch bei Schlachten 
sind sie unerschöpflich an bedeutsamen Motiven, welche 
sie selbst bei den schwierigsten Bewegungen mit Kühn- 
heit und überraschender Leichtigkeit Illld durchweg ver- 
ständlich ausführen. Aber auch das Grossartige ist oft 
gelungen; so bei der Darstellung der Schöpfung in einer 
Bibel des brittischen Museums (Cotton. Tib. VII.) wo Gott 
Vater, Wagsohale und Zirkel in den Händen haltend, zum 
Zeichen, dass er alles nach Maass und Gewicht (Weish. 
Sal. 11, 22) bildete, oben in der Glorie schwebt, während 
unten im bewegten Meere Fische wimmeln, in der Luft 
Vögel schweben. Der Gedanke des einigen Schöpfers, 
der aus seiner Macht den weiten Raum mit Geschöpfen zu 
bevölkern beginnt und das Leben hervorruft, tritt uns sehr 
bedeutsam entgegen. Ungeachtet dieser Empfänglichkeit
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.