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Miniaturmalerei.
Allerdings sind diese Miniaturen keinesweges so pracht-
voll wie die des Festlandes; Gold ist selten und schwach
angewendet, die Initialen und Randverzierungen sind mit
einem Anklange an irische Kunstweise steif und ärmlich
behandelt, die Farben dünn und sparsam aufgetragen. Auf
diesen ornamentistischen Theil ist also wenig Sorgfalt ver-
wendet; die Rücksicht auf glänzende Ausstattung der hei-
ligen Bücher, die auf dem Continente von-herrschte, ist fast
ganz verschwunden. Die Zeichnungen sind blosse Illustra-
tionen des Textes, Welche ohne Einrahmung und Abschluss
in grösseren oder kleineren Lücken der Schrift, offenbar
wenn Schreiber und Zeichner nicht identisch Waren nach
gemeinsamer Ueberlegung, eingerückt sind. In eigentlich
technischer Beziehung machen sie geringe Ansprüche; es
sind leichte, sehr (lilettailtische Federzeichnungen, zuweilen
leicht angetuscht, meistens aber blosse Umrisse in ver-
schiedenen, den Gegenständen entsprechenden Farben. Die
Figuren sind von übermässiger Länge, die Berge durch
wunderliche Schnörkel angedeutet, die Linien oft unsicher,
wie mit zitternder I-Iand gezogen; das Ganze ist Skizzen-
haft behandelt. Die Farben geben nur eine leichte Andeu-
tung der Natur. Die Umrisse der Köpfe sind schwarz-
braun, wie die der Baumstämme, andere nackte Körper-
thcile roth, die Blätter der Bäume blau, die Gewänder rund
andere Nebendinge wechselnd gefärbt. Man sieht oft, dass
der Zeichner die Farbe, welche er gerade in der Feder
hatte, soviel wie möglich benutzt hat; auf einzelnen Blät-
schrift der Pariser Bibliothek (Msc. lat. Nro. 943) gehört zwar hieher,
ist aber, wie er sie auch schildert, eine der schwächeren Arbeiten.
Einige in England vorfindlinhe sind von ihm daselbst I, 138, und II,
27, 441, 515, 533 erwähnt, jedoch eigentlich nur in Beziehung auf
ihre allerdings sehr mangelhafte Technik. Zu meiner Freude stimmt
indessen dieser bedeutende Kenner der Miniaturen nach mündlichgr
Aeusserung jetzt auch über den Werth der Onmpositionen mit mir überein.