in
Deutschland.
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Himmelsräume, den poetischen Gedanken, der dem Zeich-
ner vorschwebte, bestimmt genug ausspricht, und dass
gerade die phantastische Richtung der Kunst dazu behülflich
war. Auch die folgenden Blätter, Christus in der Glorie
unter den Chören der Engel und von dem unten stehenden
Volke verehrt, dann der Traum des Nebucadnezar mit
dem Sturz des Giganten auf ehernen Füssen, und endlich
Daniel selbst, der dem Worte des Engels ilauscht, sind,
wenn auch minder bedeutend, doch gedankenreich und für
diese Zeit gut ausgeführt.
Freilich sind die Miniaturen dieser Zeit sehr ungleich,
und die Vorzüge der so eben erwähnten Blätter entstehen
nicht durch die allgemein verbreitete Technik, sondern durch
die poetische Begabung ihres Urhebers. Allein dennoch
zeigen die angeführten Beispiele, wie sich, sobald nur die
ersten Vorstufen überstiegen waren, der künstlerische Geist
regte rmd in seinen noch unbeholfenen Versuchen weitere
Erfolge vorbereitete.
Frankreich stand, wie in der Disciplin der Kloster-
schulen und in der Gelehrsamkeit, auch in Beziehung auf
Miniaturmalerei während dieser Epoche hinter Deutschland
zurück, zeigt aber doch schliesslich eine ähnliche Entwicke-
lung. Die wenigen französischen Handschriften des zehn-
ten Jahrhunderts, welche wir besitzen, sind von der äusser-
sten Rohheit und auch in Beziehung auf Farbe und Ver-
goldung dürftig gehalten. lm elften Jahrhundert finden wir
neben der Wiederaufnahme des karolingischen Initialenstyls
eine byzantinisirende Farbenbehandlung, die wohl von
Deutschland hieher übertragen sein mochte, aber noch in
den Arbeiten aus der zweiten Hälfte dieses und dem An-
fange des folgenden Jahrhunderts ist die Technik schwächer
als dort. Uebrigens mischen sich auch hier altcluistliche,
typische Motive schon mit den phantastischen Gebilden, und
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