Deutschland.
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stets eine mehr oder weniger geometrisch geregelte Form.
Dass dann die Wellen des Flusses, etwa bei der Taufe
Christi im Jordan, den Unterkörper wie ein faltenreicher
Vorhang bedecken, dass sich der heilige Geist wie ein dichter
buntfarbiger Mantel auf die Apostel senkt, kann nicht be-
fremden Ü. Wie Wenig diese Maler daran dachten, sich
der Natur auch nur in der Anordnung des vorliegenden
Elergangs zu nähern, mag die Beschreibung einer Dar-
Stellung des Einzugs Christi in Jerusalem, die sich in einem
prachtvollen Evangeliarium in der Universitätsbibliothek zu
Prag findet, näher ergeben. Die ganze Höhe des grossen
Blattes nehmen zwei Bäume ein, welche vom Boden mit
hellgrünem Stamme aufsteigen, sich fächerartig zu Zwei.-
gen, doch ohne Blätter entwickeln, oben mit einer bunt-
farbigen Frucht schliesscn und durch ihr Zusammenneigeu
die weitere Darstellung einrahmen. In der Mitte reitet
Christus auf der Esclin, unter ihm steht Volk, vor ihm
breiten drei senkrecht über einander gestellte Männer Kleider
aus, in den Zweigen sitzen Leute. Unter den Füssen der
Eselin sind Palniblätter angebracht, sonst aber schwebt sie
neben den Männern des Volks ohne Boden auf dem reichen
Goldgrunde, der die leeren Stellen des Blattes bedeckt,
nur Magdalena, Welche dem Herrn nach der in der Schrift
nicht begründeten und sonst, soviel ich Weiss, nicht vor-
kommenden Erfindung dieses Malers bei dieser Gelegenheit
die Füsse küsst, steht auf dem bunten Fussborlen. Auf
die
eines natürlichen Herganges ist es also hiebei
Darstellung
ü] Ich habe" bei dieser Schilderung unter anderem ein Missale
der Bamberger Bibliothek (Jaeck a. a. 0. Nro. 604 und pag. XXIII;
jetzt Ed. III, 11], welches für einen Bischof Ellenhard von Freisingen
(1052 1078] gefertigt ist, und das grosse Evangeliarium aus der
Kollegiatkirche des Wissehrad in der Universitätsbibl. in Prag (vgl.
Waagen D. K. B]. 1850, S. 128], wahrscheinlich gegen 1129 entstan-
den und in Böhmen geschrieben, im Auge.