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Miniaturmalerei.
theils von daher in die grosse königliche Bibliothek zu
München z?) gelangt sind. Unmittelbar byzantinischen Ur-
sprungs, aber auch offenbar aus einer früheren Zeit stam-
mend, sind an diesen Büchern nur einige Elfenbeinreliefs
der Einbände, namentlich die vier 'I'afeln an den s. g. Ge-
betbüchern Kaiser Ileinrichis und seiner Gemahlin, welche
Christus und Maria, Petrus und Paulus noch im Mosaiken-
typus und mit griechischen Inschriften zeigen. Die Male-
reien und selbst die übrigen Elfenbeinarbeiten der Deckel
scheinen von einheimischen Künstlern herzurühren, die aber
nun schon eine andere, von der karolingischen abweichende
und der byzantinischen sich annähernde Behandlungsweise
angenommen haben. Die Farbe hat unläugbar gewonnen,
sie ist zwar weniger pastos, aber mit reicherer Auswahl,
in gebrochenen Tönen und feinen Uebergängen zmn Theil
sehr harmonisch behandelt. Die Gewänder haben nur in
den Schatten die Lokalfarbe, während die Lichter weiss
oder gelb erhöht sind. Unter den Farben ist blau und grün
vorherrschend, doch kommt auch das Roth und zwar in
einer den karolingischeil Malern unbekannten, den Byzan-
tinern gewöhnlichen Mischung vor. Besonders charakteri-
stisch ist, dass das Fleisch nicht mehr den bräunlichen,
gesunden Ton hat, sondern bleich, oft grünlich gehalten
ist. Auch die Haare sind häulig grün oder roth, selten
braun. Der Anspruch auf Naturwahrheit ist ganz aufge-
geben. In einem Evangeliarium der Bamberger Bibliothek
hat der Kaiser Heinrich, der auf dem Dedicatioilsblatte das
Buch der Jungfrau Maria überreicht, selbst einen grünen
Schnurrbart, und dies nicht etwa durch ein Verbleichen der
4') Vgl. Kugler kl. Sehr. I, 76 ff., dessen Handbuch d. Gesch.
d. MaL, 2. Ausg. I, 127, und Jaeck, Beschreibung der öffentlichen
Bibliothek zu Bamberg, 1831, der in der Einleitung Nachrichten über
die von Bamberg nach München versetzten Codices giebt.