Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 2)

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Irische 
Miniaturmalerei 
Irland vom Orient aus gebracht, wenn auch selbst ägyp- 
tische Mönche bis Irland, irische in die thebaische Wüste 
gedrungen sein mögen, so haben wir doch keine Spur, 
dass dort ein ähnlicher Styl geherrscht habe. Die Kunst 
des ägyptischen Heidenthums (deren Aelmlichkeit mit die- 
sen irischen Formen doch auch nur eine sehr entfernte ist) 
War längst verschollen, die altchristliche Kunst konnte auch 
hier nur auf der spätrömischen beruhen, von der, die man 
in Rom und Byzanz übte, nicht Weit entfernt sein. Die 
Ursache dieser eigenthümlichen Richtung ist daher nur in 
Irland selbst zu suchen, und liegt augenscheinlich in dem 
Charakter dieser nordischen Völker. Diese räthselhaften 
"Verschlingungen, diese Thiergestalten, welche sich aus den 
Linienzügen entwickeln, stehen in innerem Zusammenhange 
mit der Neigung für das Räthselhafte und Phantastische in 
der altnordischen Sage, mit den phantastischen Thieren. 
die auch in dieser eine Wichtige Rolle spielen. Das Wohl- 
gefallen am Symmetrischen iindet sich schon in den Alli- 
terationen und Reimen der seandinavischen Dichtung und in 
den Triadeii der keltischen Heiden. Wir sehen daher, dass 
der kalligraphisehe Zeichner nur die Regeln der Schönheit, 
welche er kannte, auf die Ausschmückung der heiligen 
Bücher und selbst der heiligen Gestalten angewendet hat. 
Wir erkennen darin eine Geschmacksrichtung, welcher der 
Sinn für die plastische Bedeutung der menschlichen Gestalt 
völlig abgeht, die nur abstracte Verhältnisse sucht, dadurch 
aber zu einer dem Princip der Malerei entsprechenden oder 
doch ihm verarbeitenden Unterordnung des Einzahlen unter 
allgemeinere Rücksichten und namentlich unter die archi- 
tektonischen Gesetze der Symmetrie gelangt. 
Die germanischen Völker des Festlandes hatten eine 
verwandte Richtung auf das Abstracte und Innerliche. 
Wenn sie daher auch bei ihrer Mischung mit romanischen
	        
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