Irische
Miniaturen.
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wir dagegen dieselbe Behandlung in den Initialen, den
Einrahlnungen der Schrift, ja selbst auf ganzen, mit sol-
chen Arabesken angefüllten Blattseiten nur mit VVohlge-
fallen betrachten. Es sind Federzeichnungen, aber nlit
sorgfältigster Berechnung und unglaublicher Sicherheit der
Hand ausgeiiihrt, riemenartige Streifen, die, ohne Anfang
und Ende durchflochten, ein zierliches Gitterwerk bilden,
feine Spirallinien, die, im Mittelpunkte zusammentreffend,
an den Enden zu neuen Spiralen weitergehen, kühnge-
schwungene Curven, die durch wohlberechnete Schwel-
lungen sich in schlangen- oder eidechsenartige Thiere ver-
wandeln, und dann bald wieder zu feineren Linien verlau-
fen, bald mit grossäugigen Köpfen oder mit den Schwän-
zen hervorragen. Nicht minder bewundernsvtrerth Wie die
technische Vollendung und der Reichtlunn an schönen und
überraschenden Motiven in diesen Arabesken ist der Ge-
schmack in der Wahl der Farben, mit denen sie ausgefüllt
sind. Das Ganze der zu verzierenden Fläche ist stets durch
geometrische Zeichnung in mehrere rechtwinkelige, rauten-
förmige oder künstlicher gestaltete Felder getheilt, innerhalb
Welcher die Riemenverschliilgung auf dunkelerem Grunde mit
helleren leuchtenden lilarben, bei rother Füllung meist gelb
oder roth, bei schwarzer gelb oder weiss, hervor-tritt. Für
die Einfassung ist dann meistens blau oder grün gewählt.
Man sieht, es ist ein ziemlich festes Prineip des Gegen-
satzes und der Auflösung, etwas Verwandtes im Gebiete
der Farbe, wie die in sich zurückkehrende, endlose Ver-
schlingung in der Zeichnung.
Man hat die Eigenthümlichkeit dieses Miniaturenstyles
durch einen Zusammenhang der irischen Klöster mit dem
Orient, namentlich mit Aegpipten, erklären Wollen '19. Al-
lein wenn es auch Wahr ist, (lass das Christcnthum nach
namentlich
Keller a