Die
romanischen
Länder.
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bald nachher entstanden Konflikte zwischen der geistlichen
und weltlichen Macht, wie dort. Aber sie berührten nicht
die Wurzeln königlicher und päpstlicher Rechte, es waren
nur einzehie, oft ganz persönliche Fälle, bei welchen man
ohne weitere Folgen nachgeben oder sich vergleichen konnte.
Auch zeigte sich schon bei diesen Streitigkeiten die Geist-
lichkeit oft auf der Seite der Fürsten. Gerade die grössere
Spaltinig des Landes bewahrte es vor der Gefahr des
Weltumfassenilen Kampfes, der Italien Lnid Deutschland
verheerte. Die einige Kirche fand nicht Einen Gegner,
dessen Machtanwuchs sie ffu-chten, gegen den sie kämpfen
konnte, sie zersplitterte ihre Kräfte an Vielen, war mehr
auf individuelle und folglich moralische, als auf allgemeine,
rechtliche Einwirkungen angewiesen, hatte aber in jenen
durch die grössere Bildimg und Zugänglichkeit der Laien
auch bessere Erfolge. Kirchliche inid weltliche Elemente
versclunolzen, und es bildeten sich Erscheinungen, in denen
jener Kampf ausgeglichen oder seine Gewalt dinch Mittel-
glieder gebrochen War.
Dahin gehörte zunächst das Ritterthum. Frankreich
war seine Wiege; um die Mitte des elften Jalnhunderts
kommt der Gottesfriede, der erste Gedanke eines gemäs-
sigten, nicht lmchristlichen Waffengebrauches auf; bald
darauf findet sich auch schon die Spur von Turnieren, von
einer Gemeinsamkeit, welche die Nothwendigkeit herbei-
führte, auf die sittliche Haltung der Standesgenossen zu
achten und selbst für eine angemessene Erziehung derselben
zu sorgen. Der ritterliche Unternehmungsgeist war also
mit religiösen und moralischen Rücksichten in Verbindung
gebracht, fand in ihnen einen Gegenstand erlaubter Begei-
sterung und konnte sich, ohne auf Selbstständigkeit und
weltliche Freiheit zu verzichten, in Thaten und Aufopfe-
rungen zu Ehren Gottes und seiner Heiligen auslassen.