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Englisch-normannischer
Styl.
Der
Charakter
dieser
normannischen
Architektur besteht
daher in der Verbindung abstracter, bedeutungsloser Grund-
formen mit einer phantastischen Decoration. Ein festes
organisches Princip, aus dem sich die Ornamente mit
Nothwendigkeit entwickeln, fehlt ihr daher, das Plumpe
und Schwere gränzt unmittelbar an das Reiche und Bunte.
Allein dieser Mangel wird deshalb weniger fühlbar, er ist
sogar die Quelle gewisser Vorzüge dieses Styles, weil er
auf nationalen Elementen beruht, und denselben eine völlig
freie Entwickelung gestattete. Nicht beschränkt und nicht
befriedigt durch die Consequenz eines constructiven Prin-
cips, bildete sich die Phantasie eine Symbolik der Formen,
in welcher die nationalen Empfindungen und Zustände einen
höchst energischen Ausdruck fanden. Die Baumeister woll-
ten den kirchlichen Gebäuden den Charakter des Ernsten,
Würdigen, Mächtigen geben, sie waren dabei theils an die
Ausdrucksmittel gebunden, welche die Tradition und die
Eigenthümlichkeit des Landes gewährten, theils von den
Anschauungen beherrscht, welche die einheimischen Ver-
hältnisse darboten. Sie schilderten daher das Wesen ihrer
Machthaber und ihrer Kirche, so weit es in architektoni-
schen Formen geschehen konnte. Da ihnen das weite Feld
linearer Combinationen geöffnet War, lnld da die Wirkung
derselben durch VViederholung geschwächt, durch Neuheit
verstärkt werden konnte, so hatten sie die Möglichkeit und
zugleich die Aufforderung zu mannigfaltigen Variationen.
Aber die Gleichheit des Zweckes und der nationalen Ge-
fühle gab ihnen eine überwiegende Uebereinstimmung und
ihren Werken eine Einheit des Styles, die so entschieden
ist, dass sie fast jedem Steine ihr Gepräge aufdrückt.
Dieser Styl hat zwar die Elemente des romanischen mit
den anderen Ländern gemein, entfernt sich aber doch mehr
von den römischen Traditionen. In Deutschland erinnert