Das
Verhältniss
Zlll'
Kirche.
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geistige Bildung verzichteten lnid sie den Geistlichen allein
überliessen, War die Einheit der Nation gebrochen. Jener
Gegensatz des Romanischen imd Germanischen, der bei
den anderen Nationen durch die bunte, gährende Mischung
der Bestandtheile verdunkelt Wllfdß, trat hier in voller Kraft
zu Tage. Gelehrte und Laien, Kirche 1n1d Kaiser standen
sich schroff und widersprechend gegenüber. Es konnte
nicht fehlen, dass die geistliche Macht zunächst siegte.
Die Ottonen hatten den päpstlichen Stuhl besetzt, das
höchste irdische Regiment ungetheilt in Händen gehabt.
Heinrich II., der letzte Sprössling des sächsischen Stam-
mes, gab zuerst das Beispiel der Unterwerfung unter die
Kirche, flehete in tiefster Unterwürfigkeit, wo das Wort
seiner Vorfahren Befehl gewesen Wäre. Ileinrich IV.
musste sich unfreiwillig der äussersten Demüthigung un-
terwerfen. Gerade die eigenthümlichen Verhältnisse Deutsch-
lands, die nationale Einheit, das auf ihr beruhende Weit
umfassende Königthum und die damit verbundene Kaiser-
krone bewirkten es, dass hier sofort die Frage über die
Gränzen kirchlicher und weltlicher Macht in ihren änsser-
sten Konsequenzen zur Sprache kam. Es fragte sich, 0b
die Kirchenämter, vermöge des damit verbundenen Besitzes,
dem Fürsten lehnspflichtig, oder 0b sie völlig unabhängig
sein, einen Staat im Staate bilden sollten. Jener innere
Zwiespalt zwischen der lateinisch-küehlielren Welt und
der deutschen Nationalität wurde daher sofort zum offenen
Kampfe, in Welchem die edelsten Helden der fränkischen
und schwäbischen Dynastie crlagen oder verbluteten, 1md
an dessen Folgen Deutschland bis auf die heutige Stunde
krankt.
In den romanischen Ländern, wo Volkssprache und
Latinität sich nicht so fremd gegenüber standen, war die
Geistlichkeit Weder so gelehrt, noch so vonvlxrfsfrei, wie