Weitere
Entwickelung.
407
erkennen. In kleineren Bauten dieser Epoche findet sich
aber schon der gerade Chorschlxlss, und später wurde er
so allgemein, dass nur Wenige Kirchen und zwar meistens
solche, bei denen die Mitwirkung eines auswärtigen Bau-
meisters nachgewiesen werden kann, eine Ausnahme ma-
chen. Eine Nachricht darüber, was diese Abweichung von
einer so schönen und in der ganzen Christenheit beibehal-
tenen Form veranlasste, ist nicht überliefert. Wahrschein-
lich war der gerade Chorschhlss der Kirchen schon vor
der Eroberung in England üblich gewesen, wie wir ihn
auch an den ältesten irischen Kirchen finden, und diese
einheimische Sitte gewann nun wieder die Oberhand über
die von den Normannen eingeführte Apsis. Die Verlän-
gerung des Chores und die dadurch entstehende grössere
Entfernung der Gemeinde von dem Chorschlusse machte
allerdings die Rundung weniger wirksam, während man
sie wegen der Verbindung der Kirche mit den geradlinig
angelegten Klostergebäuden hinderlich und unsymmetrisch
finden mochte. Jedenfalls gab aber die Vorliebe für das
Geradlinige und Eckige, die sich ja selbst in dem Spiel
der Ornamente geltend machte, den Ausschlag. Eine ge-
wisse Nüchternheit des Sinnes nahm an der Abweichung
von der geraden Linie Anstoss, und hielt den dürren Pa-
rallelislnus der vorderen und der abschliessenden Wand für
schöner oder correcter, als die volle und edle Gestalt der
halbrunden Apsis. So gross war die Vorliebe für diese
einheimische Form, dass in den meisten normännischen
Kirchen die Apsis später umhaut, abgebrochen oder ent-
stellt ist f).
Auch Freemun (a history of architecture, London 1849, S.
234) spricht von der sonderbaren Gewohnheit des geraden Schlusses
(the strange insular tradition of the flat end), welche die Zerstörung
so vieler normännischer Chornischen herbeigeführt habe.