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Englisch-normannischer
Styl.
meister hier nicht an den Spitzbogen gedacht haben, welchen
die englischen Archäologen darin zu finden glauben, der
aber in der That nicht existirt, da die Schenkel dieser ver-
meintlichen Spitze nicht mit einander verbunden sind, son-
dern verschiedenen Halbkreisbögen angehören.
Ausserdem sind die Faeaden und besonders die Thürme
auf den freibleibenden Stellen der VVand gewöhnlich sehr
reich mit mehreren wechselnden teppichartigen Mustern der
früher geschilderten Art und zwar mit den effectvollsten
und glänzendsten und in kräftigster und brillantester Aus-
führung verziert.
Um die Entstehung dieses Styls zu begreifen, muss
man sich den Zustand des Landes in dieser Zeit vergegen-
wärtigen. Der Krieg mit den WVaffen war rasch beendet
gewesen, die Sachsen hatten unterlegen, die Normannen
Waren Herren des Landes, das sie mit eiserner Consequenz,
mit Strenge und Klugheit regierten, dessen Reichthum ihnen
zu Statten kam und die Mittel zur Befestigung ihrer Herr-
schaft darbot. Aber der innere Krieg dauerte noch fort,
bis in das dreizehnte Jahrhundert schieden sich die Völker-
Stämme feindlich von einander, die Normannen hatten
Gefühl gefürchteter und gehasster Sieger, die Sachsen
Schmerz eines unterdrückten Volkes. Selbst Wilhelm
das
den
von
Malmesbury, obgleich schon gemischten, halbnormannischen
Blutes, obgleich als Mönch normannischen Oberen durch
die Bande der Obedienz und Pietät verpflichtet, obgleich
gerecht genug, um die Vorzüge der Normannen und ihre
Verdienste um Kirche und Staat freigebig anzuerkennen,
bricht noch in tiefe Klagen über die Fremdherrschaft, über
die Spaltung des Volkes aus. Walter Scott hat das Bild
dieses Zustandes gewiss nicht übertrieben ausgeführt. Es
war zunächst eine Gewaltherrschaft der Sieger, Welche vor
allen Dingen auf ihre Sicherheit denken mussten. Ihre