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Erste
Epo ehe.
Deutschlan d.
Verwechselung der Gelehrten wurde , vermöge der Ueber-
tragung der römischen Kaiserwürde auf die deutschen Kö-
nige, praktisch. Diese Wurden dadurch in dem Glauben
eines höheren, von oben verliehenen Rechtes bestärkt, traten
mit Ansprüchen auf , welche sie nur vorübergehend und
unvollkommen durchführen konnten, wendeten ihre Kraft
entfernten Dingen zu imd vernachlässigten das Heimische
und Nahel Es bildete sich dadurch im deutschen Volke
eine Scheidung der 'l'he0rie und des Lebens, Welche noch
bis auf unsere Tage nachwirkend ist. Der Begriff der
kaiserlichen Gewalt und der Einheit des Reiches wurde der
Nation tief eingeprägt, Wälnend im Leben manches Wi-
derstrebende bestehen blieb oder sich ausbildete. Unter der
kräftigen und klugen Regierung der ersten salischeil Kaiser
stieg die königliche Gewalt noch immer , aber gerade 'die
hierauf gegründete Steigerung der Ansprüche brachte schon
ihre nächsten Nachfolger zum Falle, und die Vortheile jener
klassischen Richtmig verblieben ausschliesslich der Kirche.
Die logische und juristische Präzision der lateinischen
Sprache sagte ihrer strengen Gesetzlichkeit zu , und die
Bildung gab den gelehrten Geistlichen ein entschiedenes
Uebergewicht über die Laien. Diese dagegen, kaum noch
aus dem Zustande ursprünglicher Rohheit hervorgegangen,
Wurden durch den Klang der fremden Sprache und (illfßil
den grösseren Umfang der Schulwissenschaften mehr und
mehr zurückgeschreckt; sie verliessen daher den von Karl
d. Gr. und den sächsischen Fürsten eingeschlagenen Weg,
und die Trägheit der Standesgenossen machte bald die Un-
wissenheit zur Ehrensache Indem aber die Laien auf
1') Wippo klagt die deutschen Laien im Gegensatze gegen die
besser unterrichteten Italiener ausdrücklich eines Vorurtheils an: „Solis
Teutonicis vacuum vel turpe videtur, ut doceant aliquem, nisi clericus
accipiaturf" (Panegyr. ad Henr. III. bei Canis. Lect. ant. II. p. 196.)