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Frankreich.
Vorzug. In dieser Lage befanden sich die zwischen der
Normandie und jenen mittleren Gegenden nördlich der Loire
gelegenen, schon jetzt mit der Krone Frankreichs und mit
Paris verbundenen Gegenden. Wir sehen sie jetzt noch
schwankend und ohne eigenes System; an den östlichen
Gränzen findet deutscher Sinn und deutsche Form Eingang,
weithin macht sich der Einfluss normannischer Deeoration
geltend, aber keines von Beiden kann die Herrschaft ge-
winnen, weil die vereinzelten 'l'raditionen antiker Weise
zwar nicht stark genug sind, um zu einer selbstständigen
Bildung zu führen, aber doch stärker als an den Ufern des
Kanales oder des Rheines. Diese verschiedenartigen, strei-
tenden Elemente hemmen die freie Entwickelung, unter-
drücken die künstlerische Kraft; aber eben diese Zurück-
haltung gab dieser Gegend den Vorzug, dass sie, unbeirrt
von festen Gewohnheiten, bei reiferem Alter jene anderen
völlig entwickelten Systeme benutzen konnte, wie wir in
der folgenden Epoche näher sehen werden.
Das chronologische Verhältniss dieser Bauschulen be-
darf noch mannigfaltiger Forschungen, indessen reicht doch
das Material schon zu begründeten Vermuthungen aus.
Die Beibehaltung antiker Ornamentik im südlichen, antiker
Technik im westlichen Frankreich lässt darauf schliessen,
dass die Elemente der Baukunst hier niemals ganz verloren
gegangen sind , dass sie sich aus römischer Zeit her er-
halten haben. Im Anfange dieser Epoche werden daher
diese Gegenden einen Vorzug vor den östlichen und nörd-
lichen Provinzen gehabt haben. Aber die Ausbildung neuer
Formgedankeu ging nicht von ihnen , sondern von den
mittleren Regionen, namentlich von Burgund und der Au-
vergne aus. Ihre erste Anregung muss in die Frühzeit
oder Mitte des elften Jahrhunderts fallen, denn am Ende
desselben
finden
wir
sie
in
Cluny,
in Conqules, in Toulouse