Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 2)

Ueberblick 
seiner 
provinzialen 
Schulen. 
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und Gewaltsamkeit der nordischen Stämme auf andere Wege 
geleitet, hat vielleicht die Gränze des Schönen überschritten, 
zeigt sich aber doch in anregender, verheissender Gestalt. 
Hier wie in der Provence bleibt anfangs bei dem Vor- 
herrschen des Plastischen und Decorativen die Constrnction 
nüchtern und vernachlässigt, aber es ist doch so viel 
Empfänglichkeit da, dass das aus Weiter Ferne herbeige- 
holte Vorbild der venetianischen Mareuskirche Anwendung 
findet. Die so fremdartige Gestalt vermehrt die Mannig- 
faltigkeit der Formen auf französischem Boden , aber sie 
bleibt nicht wie das unbekannte Kleinod des erbeuteten 
Schatzes unfruchtbar, sie schlägt Wurzel, gestaltet sich 
dem Klima entsprechend, macht einen Entwickelungsproeess 
durch, und führt der einheimischen Architektur das Wich- 
tige Element der Kuppelwölbung zu. Während also die 
südlichen Gegenden die ererbte antike Form beibehalten, 
während der Norden mit Talent und strenger Consequenz 
die ihm zusagende Gestalt ausbildet, zeigen die mittleren 
Gegenden einen strebenden Sinn, der frühzeitig in Tournus 
und an anderen Orten den auffallenden Versuch erzeugt, 
durch quergelegte Tonnengewölbe Oberlichter zu erlangen, 
der in St. Front sich die byzantinische Kuppel aneignet, 
der in Burgund endlich dem Ziele einer würdigen, gross- 
artigen Gestaltung näher tritt, als in irgend einer anderen 
Gegend Frankreichs. ' 
Es leuchtet ein, dass diese Mannigfaltigkeit constructi- 
ver und decorativer Formen und Systeme ein reiches, an- 
regendes Material darbot; wer mit freiem, künstlerischen 
Sinne, von der Einseitigkeit provinzieller Gewohnheit unbe- 
schränkt, alle diese Leistungen überblicken, durch Ver- 
gleichung lernen, durch Benutzung sich fördern, durch Ver- 
suche der Vereinigung zu neuen Gestaltungen gelangen 
konnte, hatte durch solche Stellung einen ilnschätzbaren
	        
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