Vorzüge
Deuts chlands.
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Zufälligkeiten erscheinen. Wichtig war zunächst nur der
Unterschied Deutschlands von den romanischen Völkern.
VVährentl in Deutschland eine durch Abstammung und
Schicksale einige Nation bestand, wohnten in den roma-
nischen Ländern mehrere Stämme, Ureinwohner und Ger-
manen verschiedenen Ursprungs, in Sprache, Recht und
Sitten von einander abweichend, in bunter Mischung neben-
einander. Zufälligkeiten mancher Art hatten hier dem einen,
dort dem anderen Elemente das Ilebergewvicht gegeben und
eine Menge widerstrebender Ansprüche erzeugt. Eine grosse
fürstliche Macht, welche im Stande gewesen wäre, dies
Chaos zu ordnen, koinlte sich nicht bilden, und die ein-
zel11e11 Lelnrsherren, welche durch Gewalt, List oder all-
mäligen Erwerb einen Territorialbesitz erlangt hatten, ver-
heerten das Land durch ihre Fehden. Hier war in der
That die Kirche der einzige Gegenstand aller Hoffnung
und der Frömmigkeit ein Trieb nach Erlangung politischer
Einheit und Ordnung beigegeben.
In Deutschland standen die Verhältnisse viel günsti-
ger. Hier fehlten zwar die Ueberreste älterer Civilisation,
die sich bei jenen noch erhalten hatten, aber es besass eine
grössere ilationale Einheit und hatte neben den Mängeln
des Naturznstandes auch seine Vorzüge, Einfachheit und
Empfänglichkeit. Hier war wirklich jungfräulicher Boden,
auf dem die Saat des Christenthums rasch gedieh, hier
war die politische Aufgabe minder verwickelt, es bedurfte
nur schlichten Verstandes und festen, durchgreifenden VVil-
lens, um die Ordnung herzustellen und die reichen Kräfte
der Nation zu leiten. Der richtige Sinn des Volkes Wusste
die Männer zu linden, deren es bedurfte. Die ersten Für-
sten des sächsischen Hauses, Heinrich und Otto, sind
wahrhaft grosse Männer, einfache, gediegene Charaktere,
kräftig, rastlos thätig, iln'e Rechtlichkeit und Milde fanden