Die
Normannen.
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miithige Kühnheit, dann aber auch die Treue des VVortes,
die eiserne Festigkeit, und endlich die Sitte des Zwei-
kampfes, finden wir schon in den skandinavischen Dich-
tungen. Allerdings zeigen auch die germanischen Stämme
Verwandte Allsißhtßll und Gebräuche, aber die Verwilde-
rung während der Völkerwandermlg, die frühe Annahme
des Christenthums, die Vermischung mit den Romanen
hatten sie bei ihnen geschwächt oder entstellt. Durch die
frischere Sinnesweise der Normannen Wurden sie Wieder
belebt. Zwar bewahrten diese die Erinnerungen ihrer alten
Heimath nicht, die Skaldenlieder jenes nordischen Helden-
thums wurden mit der Sprache, in der sie gedichtet waren,
vergessen und durch das Christenthum verdrängt. Aber
der Sinn, der in ihnen herrschte, War geblieben und machte
sich wieder geltend. Auch fanden sie bald einen neuen
Sagenkreis, den sie sich aneigneten und der gesammten
ritterlichen Welt zuführten, den von der Tafelrunde und
von König Artus. Die Poesien, an denen sich bisher der
kriegerische Sinn der germanischen Stämme erfreut hatte,
das deutsche Heldenlied, die Nibelungen, die Sage von
Karl dem Grossen und seinen Paladinen beruheten auf
grossen historischen Ereignissen, die nur durch die dich-
tcnde Phantasie umgearbeitet und mit Zusätzen versehen
waren. Die Artnssage ist fast ohne geschichtlichen Ur-
sprung, sie knüpft sich an den Namen eines Fürsten , des-
sen Einfluss nicht über seine nächsten Umgebungen hinaus-
gedrungen war, sie scheint nicht einmal in dem Lande, WO
er gelebt, sondern unter ausgewanderten Stammesgenossen,
in der französischen Bretagne, entstanden m], gleich in ih-
ren Grundzügen mit Vorstellungen verwebt zu sein, die
erst gegen die Zeit der Kreuzzüge aufkamen. Aber den-
4') Gervinus, Gesch. d. Deutschen Dichtung, 4.
249 giebt eine Uebersicht der neuesten Forschungen.
AuSE-