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Nordfrankreich.
niedrigen und dunklen hohe und gut beleuchtete Kirchen-
sehiffe, statt der decorativen, auf plastischen Schmuck ab-
zielendeil, eine mehr constructive Tendenz. Dabei ist in
den meisten dieser nördlichen Gegenden die burgundische
Form des Chorumgangs unbekannt und statt dessen die
einfache Chornische wie in Deutschland, auch wohl der
gerade Chorschluss angewendet, und endlich ist in der
Normandie eine sehr eigenthümliche oft reiche und ge-
häufte, aber immer aus mannigfaltigen Combiilationen der
geraden Linie zusammengesetzte Ornamentation, der völlige
Gegensatz der antiken, ausgebildet, Welche auch in den
anderen Provinzen dieser Region mehr oder weniger Ein-
güllg"
findet.
Ich beginne die Betrachtung derselben mit der Nor-
mandie, als dem wichtigsten, wenn auch entlegensten
Theile. Diese nördliche Gegend, wo die römischen Sitten
ohnehin aus klimatischen Gründen weniger Eingang gefun-
den hatten, war von den Römern frühe verlassen und später
durch die immer wiederkehrenden Raubzüge dänischer und
norwegischer Freibeuter so gründlich verwüstet, dass, als
endlich Karl der Einfältige (912) den Führer einer solchen
Sehaar, Rollo, zum Eidam annahm, und ihn und seine
Genossen mit den eroberten Ländereien belehnte, keine
Spur römischer Civilisation übrig geblieben war. Der Be-
sitz gab dem Charakter dieser rohen Helden eine andere
Richtung, sie nahmen das Christenthum und mit ihm bald
die Sprache und Rechtsverhältnisse des fränkischen Volkes
an. Zwar trat dies keinesweges sogleich und in sanfter
Weise ein; der Erfolg, den sie erlangt hatten, reizte an-
dere Normannen zu neuen Einfällen, und verursachte wei-
tere Kriege mit den Königen oder mit benachbarten Grafen
und Fürsten. Allein nach einem Jahrhundert waren die