Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 2)

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Erste 
Epoche. 
und den rohen und für die Anwendung jener Gesetze nicht 
vorbereiteten Sitten und Bedürfnissen der Völker. Freilich 
begannen nun zwar, eben Weil die 'l'radition nicht von 
einem lebenden Volke getragen wurde, beide Elemente zu 
bestimmterer Gestaltung zu verschmelzen. Die Kirche konnte 
nicht umhin, die nationalen Bedürfnisse eiuigermaassen zu 
berücksichtigen, ihre Mitglieder gingen aus den Völkern 
hervor, auf der Jugendkraft derselben, auf ihrer Hinge- 
bungsfreudigkeit beruhete ihre Stärke. Die Völker erkann- 
ten andererseits die Kirche als ein Bedürfniss zu ihrer eigenen 
Organisation an. Aber die Verschmelzung War erst im 
WVerden, die Elemente rangen noch mit einander, machten 
sich gesondert geltend; bald trat die abstrakte, auf die Be- 
dürfnisse wirklicher Menschen noch nicht eingerichtete Kon- 
sequenz der Lehre, bald die rohe, ungezügelte Naturkraft 
hervor. Es ist ein Zeitalter des Kampfes, aber eines Kam- 
pfes, der zur Ordnung, zur Gestaltung des Lebens führt, 
die heroische Zeit des Mittelalters. Die modernen Völker 
standen ungefähr auf der Stufe ihrer Entwickelung, wie die 
Griechen vor und in dem trojanischen Kriege. Auf dieser 
Entwickelungsstufe haben alle Völker, wie auch die ein- 
zelnen Menschen in einer gewissen jugendlichen Epoche 
des Lebens, eine Neigung zu abstraktem 'l'hun und Denken, 
die sich neben dem erwachenden Gefühle geltend macht. 
Sie kennen keine Unterschiede, sie wenden die Regel rück- 
sichtslos, aber nur in den allgemeinen Beziehungen an, Lmd 
gestatten sich daneben Aeusseruilgen ihrer noch ungebro- 
chenen Triebe. Daher erscheint denn in solchen Zeiten 
stets das allgemeine Leben ausgebildeter und fester, als 
das individuelle. Dies giebt einestheils grossartige Züge, 
ein Vorherrschen der religiösen und patriotischen Beweg- 
gründe vor den Rücksichteln des Eigennutzes, andererseits 
aber das Schauspiel frischer, aber roher und ungezügelter
	        
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