Ilistorische
Uebersicht.
Charakter, das Schöne und Anerkennenswerthe, wie das
Sclnvaclle seiner Leistungen. "Alle Erscheinungen dieser
Zeit erinnern uns an jenen oft erwähnten Ausspruch eines
französischen Chronisten, dass die Welt, ihre alte 'l'racht
ablegend, die weissen Feierkleider der Kirche angezogen
habe. Diese Aeusserung ist bei ilnn zunächst auf den An-
fang des elften Jahrhunderts, auf die Stimmung bezogen,
Welche durch den chiliastischen VVahn von dem bevor-
stehenden Untergange der VVelt entstanden war; allein auch
dieser VVahn ging nur aus der vorherrschenden religiösen
Richtung lmd ihrer damaligen Färbung, aus dem Geiste
hervor, der auch schon vor dem Jahre 1000 herrschte und
die Gemiither für solche Besorgnisse empfänglich machte,
der sich aber auch später erhielt und sich nicht bloss auf die
Einzelnen und auf die Gegenden beschränkte, in welchen
jene Besorgnisse Wirklich Eingang fanden, sondern alle
Länder und schon das zehnte Jahrhundert erfüllte.
Um indessen diese kirchliche Begeisterung und die Ge-
stalt, in der sie sich äusserte, zu begreifen und zu wür-
digen, dürfen wir den Blick nicht bloss auf die Kirche
richten. Die Macht, welche sie erlangte, beruhete auf den
politischen Verhältnissen, auf dem Bildungszustailde der
Völker. lVar die Ausbildung der Kirche die nach gött-
licher Anordnung diesem Zeitalter gegebene Aufgabe, so
waren jene weltlichen Verhältnisse doch die Mittel zu ihrer
Lösung; sie gaben auch dem kirchlichen Elemente seine
Färbung und Gestalt. Die Kirche erlangte ihre Stellung
nicht bloss aus sich selbst, nicht bloss durch die Macht
und TVahrheit der göttlichen Leln-e, die sie vertrat, sondern
auch durch die veränderte Stellung der Nationen.
Vergleichen wir die erste grosse Periode des Mittel-
alters, die voin Üntergange des römischen Reichs beginnt
und mit der Zersplitterung der karolingischen Monarchie