Philibert
in
Tournus.
287
Eine richtigere Vorstellung von Wilhelms baulichen
Bestrebungen gewährt uns eine andere wichtige Abteikirche
aus derselben Zeit, St. Philibert in Tournus, die, nach
einem Brande vom Jahre 1007, unter seiner Mitwirkung
erbaut, höchst eigenthümliche Formen mld dennoch keine
Spur eines fremden Einflusses zeigt. Der Eindruck des
Gebäudes ist der des höchst Alterthümlichen, man kann
nichts Schwerfälligeres, Massenhafteres und Solideres sehen,
es ist, Wie einer der Beschreiber sagt, wahrhaft cyklopisch,
und dennoch keinesweges roh lmd vernachlässigt Es
besteht aus einer Vorhalle von bedeutender Grösse, einem
dreischifiigen Langhause mit Kreuzaimerl, dem Chore mit
Umgang und drei Kapellen, zu welchen noch zwei andere
auf der Ostseite des Kreuzes hinzukommen. Vorhalle,
Schiff und Chor haben statt der Pfeiler starke, niedrige,
besonders in der Vorhalle und im Chor sehr schwere
Rundsäulen, ohne eigentliches Kapitäl, bloss von einem
Wulst bekrönt auf welchem aber im Mittelschiffe des
Langhauses Halbsäulen bis zur Wölbung aufsteigen
deren Gurtbögen (C) sie auch tragen. Sehr eigenthümlich
ist nun diese Wölbung, denn sie besteht nicht, wie sonst
1252 1334 herrührt, ist wegen der rundbogigen Fenster des Chores,
der lanzetfäirmigen Fenster des Kreuzschiffes und der einfachen Knos-
penkapitäle nicht denkbar. Wahrscheinlicher ist die Angabe von In-
kersley a. a. O. S. 20, dass der Chor im Jahre 1229 vollendet sei,
wofür er jedoch gegen seine sonstige Gewohnheit keine Beweisstelle
anführt. Der Styl des dreizehnten Jahrhunderts ist in ihr nur durch
den ungewöhnlichen Umstand modifizirt, dass der Meister eine bedeu-
tende Zahl monolither Säulenstämme oft von grosser Stärke und Länge
zu verwenden hatte. Woher dieser kostbare und im dreizehnten Jahr-
hundert so seltene Schmuck stamme, ist unerklärt, und bleibt es aller-
dings möglich, dass er aus einem Bau des elften Jahrhunderts entlehnt
ist, und mit der Anschaffung von Säulen aus Italien zusammenhängt.
Vgl. Merimee, Midi, S. 69 1T. Eine Abbildung des Aeusseren
bei du Somerard, Album, Serie 5, pl. 7. Andere Zeichnungen in der
Voy. dans Pancienne France im Bande Franche-Comte, pl. 12 21.