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Provence.
auflebenden Geschmacks und feinerer Kunstfertigkeit ange-
hört; dies erklärt es auch, dass so viele dieser Decorations-
bauten, wie eben St. Paul und wie St. Trophime in Arles
unvollendet geblieben sind. Allein um so mehr muss man
über diese verfrühete Renaissance, über diese Mischung
antiker und mittelalterlicher Motive erstaunen. Neben dem
wohlgebildeten Akanthus, den Eierstäben, Palmetten, Maän-
dem, den Kragsteinen ganz antiker Bildung sind thierische
Formen , menschliche Köpfe und ähnliche Ausgeburten mit-
telalterlicher Phantasie angebracht, die uns leicht enttäu-
schen, wenn wir augenblicklich an ein anderes Zeitalter
dachten. Sehr auffallend ist dies an den Kreuzgängen,
namentlich an denen von St. Trophime in Arles und von
St. Guilhem-dil-desert, wo sich das phantastische Ele-
ment des Mittelalters im Wechsel der Säulenstämme und
in ihrer Gestaltung, in den Zickzacklinien und ähnlichen
der Antike fremden Ornamenten äussert, aber doch zugleich
in einer breiten, bequemen, heiteren Weise auftritt, die
sich von dem Charakter der nordischen Bauten sehr auf-
fallend
unterscheidet.
Der Hauptsitz dieser Schule ist im
Erzdiöcese von Vienne und zum Theil
Rhonethal, in der
in der von Nar-
bonne, hier sind ihre schönsten Leistungen; Westlich geht
sie in die überaus verwandte aber doch minder ausgebildete
Schule von Languedoc über, nördlich erstreckt sich ihr Ein-
fluss bis in die Diöcese von Lyon. Die Hauptstadt selbst
hat in der Abteikirche von Ainay eine Basilika, wie wir
sie in Italien zu sehen gewohnt sind, mit gewaltigen anti-
ken Granitstämmexl und mehr oder Weniger gelungenen
Nachbildungen korinthischer Kapitäle. Auch die Kirchen
von Nantua und St. Paul-de-Varax (Ddp. de PAin)
haben kannellirte Säulenstämme und andere antike Formen.
Indessen
verliert
sich
schon
hier
die
Zartheit
des
proven-