Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 2)

Provenzalen 
und 
Franken. 
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sie durch die Natur gegeben war, ein Gesammtbegriff, der 
die Besonderheit der einzelnen Stämme nicht ausschliesst, 
und der sich daher am wirksamsten zeigte, so lange diese 
noch weniger ausgebildet waren. Dort ist sie das Resultat 
eines Bedürfnisses, das nur allmälig zum Bewusstsein und 
zur Befriedigung gelangte, dadurch aber auch viel tiefere 
Wurzeln schlug. Es entstanden daher hier zunächst ein- 
zelne getrennte Provinzen, die aber doch, weil verwandten 
Ursprungs, einander entgegen reiften, und allmälig, erst 
im engeren, dann im weiteren Umkreise zusammenwuchseil. 
Denn freilich lag eine gemeinsame Nationalität zum 
Grunde, die keltisch-gallische, welche zwar durch fremde 
X7ölkerschichten überdeckt und zurückgedrängt, aber den- 
noch nicht erstorben war, und aus der unzerstörbaren Kraff 
des Bodens allmälig wieder sich aufrichtete. Wir kennen 
die ursprünglichen Eigenschaften dieses weitverbreiteten, 
nxamxigfache Völker umfassenden Stammes freilich nur aus 
einzelnen Andeutungen der römischen Schriftsteller; allein 
diese reichen hin, um sie in dem späteren Volkscharakter 
der Franzosen wieder zu finden. Es war ein für Bildung 
nicht unempfängliches Volk, leicht erregbar, zu Neuerungen 
geneigt, aber doch kalten, verständigen Blickes. Religion 
verband sich mit Staatsklugheit, ein mächtiger, prunklie- 
bender Adel beherrschte, in inniger Verbindung mit den 
Druiden, das niedere Volk. Dieser volksthünllichen Grund- 
lage mögen wir es zuschreiben, wenn in Ländern keltischen 
Ursprungs die Aristokratie immer wieder eine viel grössere 
Bedeutung erhielt, als in Deutschland. 
Schon im Anfange dieser Epoche können wir, un- 
geachtet der Zerklüftung des Landes, zwei grosse Massen 
unterscheiden, Süd- und Nordfrankreich, langue d'oc 
und langue d'oyl, Provenzalen und Franzosen. Diese 
Verschiedenheit gründete sich auf uralte Verhältnisse. An
	        
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